Skandalsender MDR: Kritik am Einfluss der Politik
Ex-NDR-Intendant Jobst Plog kritisiert die Kandidatenkür für die MDR-Intendantenwahl als zu staatsnah. Und der MDR-Personalrat zweifelt an Hilders Professionalität.
Wenn die amtierenden ARD-Granden über die absurden Vorgänge beim MDR schweigen, muss eben ein Ehemaliger ran. Im RBB-Medienmagazin sagte also Jobst Plog, 17 Jahre selbst ARD-Intendant, er halte es „durchaus für möglich“, dass die sächsische Staatskanzlei zu viel Einfluss beim eigentlich unabhängigen MDR-Verwaltungsrat genommen hat. Denn das Gremium hatte nach anfänglich anderen Wahlergebnissen am 05.09. doch den Kandidaten der CDU-geführten Staatskanzlei, den Chefredakteur der Leipziger Volkszeitung (LVZ), Bernd Hilder, als künftigen Intendanten vorgeschlagen.
Am 26. September soll er vom Rundfunkrat bestätigt werden. Doch die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit ist alles andere als gewiss. Während der Rest von ARD – und auch das ZDF – schweigt, wundert sich stellvertretend Plog, dass sich niemand wundert: Weder die Staatskanzlei, noch Hilder scheine zu stören, „ dass er als Kandidat der Staatskanzlei gehandelt wird“, sagte Plog: „Das ist gerade im Osten Deutschlands, wo es mit dem Staatsrundfunk ja schmerzhafte Erfahrungen gab, besonders unangenehm.“ Wenn der MDR-Rundfunkrat den Eindruck habe,, „dass es hier auf staatlichen Druck eine Empfehlung gibt, (…) muss er sich dagegen zur Wehr setzen“, so Plog – der weiß, wovon er spricht.
Wie der MDR ist auch der NDR für mehrere Länder zuständig. Und Plog hatte in seiner Zeit reichlich Erfahrungen mit den Versuchen von Landesregierungen gemacht, durchzuregieren – und sich erfolgreich gewährt. Die Ära Plog beim NDR hatte wahrlich auch ihre Schatten. Doch dies hat er erreicht: Heute ist der Einfluss der Politik beim NDR drastisch beschnitten.
Das sollte dem MDR ein Beispiel sein, findet auch der MDR-Personalrat, der sich jetzt ebenfalls in Sachen Hilder zu Wort meldete: „Die Belegschaft wünscht sich einen Kandidaten, der 1. Wahl ist“, schreiben die Personalräte – und machen klar, was von Hilders professionelle Qualifikation für das Intendantenamt zu halten sei: Herzlich wenig, nämlich. Die MDR-MitarbeiterInnen sorgten sich darum, „welche herausragenden Qualifikationen/Erfahrungen Herr Hilder von den anderen Mitbewerbern unterscheiden und den Ausschlag für den Personalvorschlag des Verwaltungsrates gegeben haben“, heißt es in dem Schreiben an die „Damen und Herren Rundfunkräte des MDR“.
Kritisch hinterfragt werde auch Hilders „bisheriges Wirken bei der LVZ, u. a. die als zu gering ausgeprägte investigative Berichterstattung, der Auflagenrückgang und der Onlineauftritt der LVZ“ sowie das „offenbar schlechte Betriebsklima“ bei dem Blatt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“