piwik no script img

Skandal um brasilianischen ErzbischofVergewaltigt und exkommuniziert

Weil eine Neunjährige nach einer Vergewaltigung abtreiben ließ, wurden die Ärzte und ihre Mutter exkommuniziert.

Ob er sich dafür hat kreuzigen lassen? Jesus Christus. Bild: dpa

PORTO ALEGRE taz "Es ist ein Skandal." Der Theologieprofessor Érico Hammes aus Porto Alegre spricht wohl den meisten BrasilianerInnen aus dem Herzen, wenn er über den Erzbischof aus Olinda und Recife urteilt. Der konservative Kirchenmann José Cardoso Sobrinho hatte letzte Woche wegen eines Schwangerschaftsabbruchs bei einem vergewaltigten neunjährigen Mädchen die Mutter des Kindes und die beteiligten Ärzte exkommuniziert.

Nach der Vergewaltigung durch ihren Stiefvater wurde die Neunjährige mit Zwillingen schwanger. Schon seit ihrem sechsten Lebensjahr soll das Mädchen regelmäßig vergewaltigt worden sein. Vor acht Tagen, in der 15. Schwangerschaftswoche, wurde die Abtreibung vorgenommen. Nach Ansicht der Ärzte stellte die Schwangerschaft ein ernstes Risiko für das 36 Kilogramm schwere Mädchen dar: "Sie ist sehr klein. Ihre Gebärmutter konnte kein Kind halten, geschweige denn zwei Kinder", sagte Fátima Maia, die Direktorin des Gesundheitszentrums, das zur Bundesuniversität von Pernambuco gehört.

Erzbischof Sobrinho aber argumentierte mit einem "Gesetz Gottes", wonach Abtreibung schlimmer sei als Vergewaltigung. Unbeeindruckt zeigte er sich von der Kritik des Präsidenten Lula da Silva, der gesagt hatte, in diesem Fall sei die "Medizin mehr im Recht als die Kirche".

Die brasilianische Bischofskonferenz versuchte sich hingegen in Schadensbegrenzung. In einer Erklärung bekräftigten die Oberhirten zwar die ablehnende Haltung der Kirche zum Schwangerschaftsabbruch, richteten ihre Kritik jedoch vor allem gegen den Stiefvater, forderten dessen Bestrafung und verurteilten die Vergewaltigung der Neunjährigen als "verrückte Tat".

In Brasilien sind Abtreibungen grundsätzlich verboten. Ausnahmen macht das Gesetz nur, wenn wie in diesem Fall das Leben der Mutter in Gefahr ist, das Kind keine Überlebenschance hat oder die Schwangere Opfer einer Vergewaltigung war. Dabei darf die Schwangerschaft noch nicht die 20. Woche überschritten haben. Laut Umfragen lehnt eine große Mehrheit der BrasilianerInnen eine weitere Liberalisierung ab.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

18 Kommentare

 / 
  • A
    Angel

    Der Titel des Artikels ist falsch!

    Das vergewaltigte Mädchen wurde nicht exkommuniziert, sondern ihre Mutter und die an der Abtreibung beteiligten Ärzte! Das wird zwar im Artikel selbst erwähnt, aber der Titel ist falsch!

    Und der Vergewaltiger kann nicht exkommuniziert werden, weil er nicht katholisch ist.

  • G
    Gwendolyn

    Der Katholizismus vergewaltigt immer und in jeder Hinsicht: Das war schon so, als er sich vor rund 1200 Jahren hierzulande breitmachte; dass von "Lateinamerika" gesprochen wird, zeigt die kulturelle und sprachliche Vergewaltigung des amerikanischen Kontinentes an, wo auch Millionen Leute ausgerottet wurden.

     

    Das lief damals noch schlimmer, als man es seit über 50 Jahren in Tibet beobachten kann, das von China z.T. gewaltsam überfremdet wird.

     

    Um so schlimmer, wenn der Katholizismus im geschilderten Fall sexuelle Vergewaltigung nicht als solche mit allen Folgen in den Blick nehmen will. Was kann es schlimmeres geben, als einen möglichen Mensch als durch ein Verbrechen zwangsgezeugt auch noch in die Welt zu setzen? Damit schafft sich der Katholizismus ein neurotisches Betreuungsopfer, um sich wichtig zu machen. Wie immer wird der Katholizismus die Krankheitsursache als Therapie ausgeben.

     

    Gut, dass diese Leute jetzt rausgeworfen sind; warum sind sie überhaupt Mitglied geworden? Wie kann man nur, angesichts von allem was der Katholizismus verbrochen hat?

  • IN
    Ihr Name Friedrich Grimm

    Es war eine jener unscheinbaren, von der Weltöffentlichkeit kaum bemerkten Untaten, von Papst Johannes Paul II., nämlich die sogenannten Befreiungstheologen, Süd- und Mittelamerikas, durch Kreaturen der katholischen Organisation "Opus dei" zu ersetzen. Bischof Sobrinho scheint mir ein Teil davon zu sein. Diese Menschen bilden sich doch tatsächlich ein im Auftrag Gottes zu handeln. Ja sie sprechen von Gottes Gesetz. Die Menschen haben einen menschlichen und gütigen Gott verdient und keinen wie Sobrinho und Co. die glauben selber Gott zu sein. Mit solchen Kirchenführern geht es zurück ins Mittelalter, zurück zur Inquisition.

  • A
    Amos

    Unfassbar! Was sich der Klerus zum reinen Selbsterhalt, so alles einfallen lässt. Mit gesundem

    Menschenverstand hat das nichts mehr zu tun. Aber da

    war die Kirche schon immer weit von ab. Übrigens,

    was ist mit dem Stiefvater- wird der jetzt belohnt,

    weil die Kirche sich wieder einmal profilieren konnte?

  • S
    Schulz

    Die Kirchenleute sind a, selbst nicht verheiratet, haben b, auch keine Kinder (nicht sichergestellte Behauptung, kann auch von der Kirche geschuetzte Nachkommensbildung sein),

    ausserdem sollten diese als Patriarchatsvertreter sich mal schaemen. Wenn Kinder ueber mehrere Jahre missbraucht, entrechtet werden, gibt es mal endlich einen Arzt, welcher das Leben dieses misshandelten Kindes schuetzt! Die Katholiken sind keine Leitlinie.

    Ein Kind ist keine Krankheit und Schwangerschaft ist auch keine Krankheit, aber jeder Mensch stirbt einmal irgendwann und irgendwie.

    Zumindest sind die Embryos suendlos bei Gottes Regierungssitz. Ist doch auch ein Thema, um zu ueberleben?

  • P
    Pragmatiker

    Exkommunikation ist doch kein Problem. Die Exkommunizierten müssen nur erklären, dass sie das 2. Vatikanische Konzil für Teufelswerk halten, und wenn sie dann auch noch den Holocaust leugnen, nimmt der Papst sie persönlich wieder in die Kirche auf.

  • AD
    Axel Dörken

    Das ist doch "normal". wer regt sich denn noch über so etwas auf?

     

    Worüber ich mich aufrege, ist die Tatsache, dass wir mit unserer Leichtgläubigkeit, die aus der Angst geboren wird, solche Systeme bestehen lassen, in denen so etwas geschieht.

     

    Kirche als Institution, wie bisher, gehört abgeschafft. Sie ist ein mittelalterlisches Relikt!

     

    Ja, "Kirche" kann auch anders. Diakonie, Caritas, Menschlichkeit... - Das hat nichts mit den kirchlichen Strukturen zu tun, sondern mit der Struktur des Menschen. Der Mensch drückt, obwohl es die kirchlichen Dogmen gibt, Menschlichtkeit aus.

  • SS
    Svetozar Schnuckelberger

    Sie haben da - wie so viele andere - etwas nicht so ganz verstanden: Eine Exkommunikation war hier nicht erforderlich, weil diese gem. Can 1398 CIC der Abtreibung als Tatstrafe (poena latae sententiae, Can. 1314 Alt. 2 CIC) ipso iure folgt: Das Wesen der Tatstrafe besteht darin, dass sie gerade nicht erst verhängt werden muss, sondern durch die Begehung der Tat von selbst (automatisch) eintritt. Es geht dann nur noch darum, diese ipso iure eingetretende Tatstrafe der Exkommunikation im Gnadenwege wieder aufzuheben, wenn der Täter hinreichend Buße geleistet hat.

  • FF
    Frank Fuchs

    Wer sich dafür interessiert sollte einmal nachforschen, ab wann es zu einer Bevölkerungsexplosion gekommen ist. Wir alle wissen, wie schlimm die Folgen der Überbevölkerung sind. Nein, nicht etwa die medizinisch bessere Versorgung ist der Auslöser der Bevölkerungsexplosion. Sondern die Degradierung der Frauen zu Gebärmaschinen. Es wird ihnen verboten selbst entscheiden zu können, ob sie schwanger werden wollen oder nicht. Und jede Art, dieses zu manipulieren wird als grausames Verbrachen dargestellt. Das war der Beginn der Bevölkerungsexplosion und hatte ihren Anfang mit der Verfolgung sogenannter Hexen.

     

    Wie es möglich ist, dass heutzutage Frauen sich frewillig zu willenlosen Gebärmaschinen herabwürdigen lassen und jede Selbstbestimmung verweigern ist mir ein Rätsel. Traurig nur, das wegen dieser Engstirnigkeit der gesamte Planet wegen einer Überbevölkerung zu leiden hat.

  • J
    Jones

    Männliche Kirchenobere und ihre Rechtsvorstellungen...

     

    Eine Schande ist das.

     

    Wieviele unschuldige Menschen wohl im Namen irgendeines (wohlwollenden und barmherzigen) Gottes noch werden leiden und sterben müssen?

  • O
    otto

    Wenn unter Mullahs gesteinigt wird, les ich hier

    nix davon!

  • DK
    Dr K

    Das ist die katholische Kirche! Das ist das Licht, der Trost, an dem die Menschheit gedeihen soll!

    Die Kirche der Liebe!

    Fragt da noch wer, warum unsere Gesellschaft säkular werden muss?

    Die Kirche steht für Hass, Ausgrenzung und Angst.

    Der wahre Philanthrop kümmert sich nicht um "gott" sondern um seine Mitmenschen!

  • MK
    Michael Klein

    Dieser Fall ist Wasser auf die Mühlen fanatischer Atheisten, die keine Mühe scheuen, das Christentum mit jeder sich bietenden Gelegenheit zu verleumden! Die Vergangenheit der Katholischen Kirche während des Mittelalters und des Holocaustes wird dazu instsrumentalisiert!

  • UR
    Udo Radert

    "Die brasilianische Bischofskonferenz versuchte sich hingegen in Schadensbegrenzung.

     

    In einer Erklärung bekräftigten die Oberhirten zwar die ablehnende Haltung der Kirche zum Schwangerschaftsabbruch, richteten ihre Kritik jedoch vor allem gegen den Stiefvater, forderten dessen Bestrafung und verurteilten die Vergewaltigung der Neunjährigen als "verrückte Tat".

    ________

     

    Der einzige Lichtblick in dem ganzen Artikel.

     

    Ich frag mich allerdings, was nach Benedikt mal für einer kommen wird.

     

    Sollte es wirklich einer aus Lateinamerika und Benedikt wirklich nur ein "Übergangspapst" sein, na dann aber "Gute Nacht, Marie".

     

    Gerade in den Entwicklungskändern tummeln sich nämlich sehr oft Bischöfe und Kardinäle, deren Kirchenbild noch aus der Zeit vor der Reformation zu stammen scheint und die wirklich erzreaktionär sind.

     

    Und wer heute noch meint, noch schlimmer, als mit Ratzinger könne es nicht mehr kommen, der irrt sich sehr.

     

    Wenn die Welt Pech hat, bekommen wir nämlich dann einen Papst, gegen den Benedikt im Rückblick wie ein Liberaler wirkt.

  • JI
    Jürgen Immler

    Obwohl der Artikel ausnahmsweise ausgewogen ist, suggerieren Sie mit der Überschrift, dass diejenige Person, die vergewaltigt wurde, auch exkommuniziert wurde, wie es fälschlicherweise in früheren Agenturmeldungen hieß. Bleiben Sie in der Sache doch korrekt.

    Zur Exkommunikation: Wer einen Menschen tötet, also eine schwere Sünde begeht, wird exkommuniziert. In diesem Fall die Ärzte und die Mutter, die die Tochter zum Töten der unschuldigen und wehrlosen Ungeborenen gedrängt hat.

  • AR
    A.S. Reyntjes

    So ist es richtig, nur so!

     

    "Karikativ" bedeutet: den dogmatischen Maßnahmen christ-katholener Wohlfahrts- und Herrenpflege entsprechend.

     

    Und das Wort kommt von "caritas". Basta!

     

    Ihr wollt das doch nicht mit "karikaturistisch" verwechseln?

  • B
    Bert

    Herzlichen Glückwunsch, dass Mutter und Ärzte jetzt freie Menschen geworden sind!

     

    Wünschen wir dem Opfer, der Tochter, dass erstens der Vergewaltiger gefasst und rechtsgemäß bestraft wird und dass auch sie die Freiheit genießen kann, als Mensch statt als Schaf zu leben.

     

    Diese Vergewaltiung hat eine Vorgeschichte:

     

    Wehrlose Säuglinge und arglose Kinder ideologisch per Taufe zu vergewohltätigen kann deren Seele mit einer perversen masochistischen Tendenz verseuchen, die Vergewaltigungen (sexueller, familiäer, sozialer, politischer, arbeitsmäßiger Art) anzieht.

     

    Der ganze amerikanische Kontinent hat eine Vergewaltigungsgeschichte in Gestalt der Ausrottung der Ureinwohner durch die römisch-katholischen Eroberer; nach neueren Forschungen sind schon im ersten Jahrhundert nach Kolumbus über 100 Millionen Ureinwohner dem mörderischen römisch-katholischen Terror zum Opfer gefallen.

     

    Wie man als politisches und psychologisches Opfer bei einer solchen Vergewaltiger-Kirche Mitglied sein kann, ist mir ein Rätsel.

  • AK
    Alexandra Kollontaijewa

    Ganz anders, als viele Christen und Christinnen meinen, ist der auf Befehl des römischen Gouverneurs Pontius Pilatus ausgepeitschte und dann gekreuzigte Galiläer aus Nazareth geeignet als Symbol für misshandelte und hingerichtete Menschlichkeit, misshandelt und hingerichtet gerade auch durch religiöse Eiferer, gerade auch durch christliche, die von mitmenschlicher Liebe bis heute nicht allzu viel verstehen.