Skandal bei der Fifa: Nigeria, Tahiti und die versteckte Kamera
Offen plaudern zwei Funktionäre über den Preis, den ihre Stimme bei der Vergabe der WM 2018 und 2022 wert ist. Der Offizielle aus Tahiti will gleich dreimal so viel wie sein Kollege aus Nigeria.
LONDON dpa/taz | Unglaublich aber wahr: Im Fifa-Korruptionsfall hat einer der beiden unter Verdacht geratenen Funktionäre einen Fehler eingeräumt und den Weltverbandspräsidenten Joseph Blatter um eine Untersuchung gebeten. Die Selbsteinschätzung, die der Funktionär aus den Randgebieten des Spitzenfußballs an den Tag legte, überraschte dabei: Er sei absolut integer, sagte der Tahitianer Reynald Temarii am Montag, über sich selbst, doch er fügte an, als gäbe es den Michel-Friedman-Gedächtnis-Pokal zu gewinnen: "Aber ich habe einen Fehler gemacht, als ich auf diese Art und Weise gesprochen habe", so das Mitglied des Fifa-Exekutivkomitees, ein Mann also, der zum einflussreichen Zirkel gehört. Er habe sich am Sonntag mit Blatter getroffen und mit ihm geredet.
Die Ethikkommission des Fußballweltverbands werde am Mittwoch seinen Fall diskutieren, sagte der Chef der Oceania Football Confederation (OFC). Temarii hatte sich bei einem Gespräch mit Reportern der britischen Zeitung Sunday Times bereit erklärt, seine Stimme bei der Vergabe der WM 2018 und 2022 für drei Millionen neuseeländische Dollar (rund 1,6 Millionen Euro) zu verkaufen, um eine Fußballakademie in Auckland zu gründen. Die Journalisten hatten sich als amerikanische Geschäftsleute ausgegeben, die die Weltmeisterschaft 2022 in die USA holen wollten, die zweiten Titelkämpfe also, die das Land seit 1994 austragen möchte.
Ein weiterer Funktionär aus Nigeria ist zudem in die Kritik geraten: Es ist Amos Adamu. Im Vergleich zum Kollegen soll seine Stimme recht preiswert zu haben gewesen sein: Rund 570.000 Euro hat er gefordert, sofern er für die USA votiert.
Pech für den Mann, dessen Heimatverband eine so schwere Zeit hinter sich hat: Die Briten spielten Candid Camera, und nachdem die Story in der Sunday Times erschien, kannte die Schadenfreude keine Grenzen. Kamera und Tonband liefen mit. Obwohl ein gewisses Grundrauschen das Hörvergnügen trübt, sind die Worte deutlich vernehmbar. Die Absichtsbekundung dürfte auch von Sepp Blatter kaum zu überhören sein.
Der Fifa steht demzufolge ein turbulenter Herbst bevor: Das Exekutivkomitee der Fifa vergibt die Turniere 2018 und 2022 am 2. Dezember in Zürich. Blatter hatte am Sonntag die Mitglieder der "Fifa-Regierung" in einem Brief über die "sehr unschöne Situation" informiert und eine "eingehende Untersuchung" angekündigt. Das Wort zum Sonntag blieb allerdings recht unverbindlich: Über eine mögliche Verschiebung der WM-Vergabe machte Blatter keine Angaben, aber das soll schnell geprüft werden. "Wir sollten das in dem vorgesehenen Zeitraum schaffen. Die Untersuchungen können sofort beginnen", sagte stattdessen Fifa-Funktionär Chuck Blazer aus den Vereinigten Staaten. (mit dpa)
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