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Sisulu bald frei, Mandela nicht

Südafrika will acht Politische freilassen / Bald Gipfel zu Sanktionen / Tutu, Boesak & Co. bei de Klerk  ■  Aus Johannesburg Hans Brandt

Die bevorstehende Freilassung des ehemaligen, mittlerweile 77jährigen, Generalsekretärs des verbotenen Afrikanischen Nationalkongresses (ANC), Walter Sisulu, und sieben anderer politischer Gefangener ist von der südafrikanischen Opposition als ein „massiver Sieg für das südafrikanische Volk“ begrüßt worden. Ein Sprecher des ANC in London sagte, daß internationaler Druck gegen das Apartheidsystem diesen Erfolg herbeigeführt habe. Besonders erfreut, aber genau aus entgegengesetzten Motiven, war die britische Premierministerin Margaret Thatcher, die von Südafrikas Präsident Frederick W. de Klerk höchstpersönlich am Dienstag abend informiert wurde und dies vor ihren Parteigenossen in Blackpool auch als ihren Erfolg verbuchte. Sie wird die Freilassungen benutzen, um beim Commonwealthgipfel nächste Woche ihren Widerstand gegen Sanktionen zu vertei digen.

Cyril Ramaphosa, Generalsekretär der Bergarbeitergewerkschaft NUM, warnte Thatcher jedoch vor zuviel Optimismus. „Sie sollte sich keine Illusionen machen, daß de Klerk durch die Freilassung unserer Führer andeutet, daß er Apartheid abschaffen will oder den Forderungen der Mehrheit nachgeben wird“, sagte Ramaphosa. Der Gewerkschafter und andere Vertreter der Opposition hatten am Dienstag abend zur Zeit der Ankündigung der Freilassungen durch de Klerk erstmals Konsultation mit Nelson Mandela in dessen Gefängnishaus in der Nähe von Kapstadt geführt.

De Klerks Ankündigung war zweifellos auch Thema bei ersten Gesprächen zwischen dem neuen Präsidenten und führenden Kirchenvertretern gestern in Pretoria. Der anglikanische Erzbischof Desmond Tutu, der Präsident des reformierten Weltbundes Allan Boesak und der Generalsekretär des südafrikanischen Kirchenrates Frank Chikane hatten um ein Gespräch mit de Klerk gebeten, um über die Möglichkeit von substantiellen Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition zu sprechen.

Die Freilassung von politischen Gefangenen ist eine Vorbedingung, die der ANC und andere für mögliche Kontakte mit der Apartheidregierung stellen. Weiterhin wird die Aufhebung des Ausnahmezustandes und des Verbots politischer Organisationen gefordert. Siehe auch Seite 7

Siehe Kommentar auf Seite 8

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