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Sindermann machte es möglich

Ein Sinnbild der alten SED-Garde ist gestorben  ■ P O R T R A I T

Berlin (taz) -Noch vor einem halben Jahr hätte der ehemalige Volkskammerpräsident Horst Sindermann ein Staatsbegräbnis bekommen. Mit 74 Jahren erlag er einem Herzinfarkt. Die offizielle Reaktion auf den Tod des in den 60er Jahren als Mann des Volkes geltenden Politikers ist zurückhaltend. Ob seine alten Genossen zum Begräbnis kommen, ist nicht sicher.

Die Jugend des 1915 in einer Dresdner SPD-Familie geborenen Politikers verlief bescheiden und tragisch. Er trat in den kommunistischen Jugendverbannt ein, wurde schon 1933 von den Nationalsozialisten verhaftet und verbrachte fast zwölf Jahre im Zuchthaus. „Sindermann machts möglich“, schwärmte die „Junge Garde“.

Der seit 1967 der ZK-Abteilung Agitation und Propaganda Vorstehende galt als umgänglich, fleißig und aufrichtig. Seine Rhetorik hob sich wohlgemerkt von jener der anderen Politik-Spitzen ab, was seiner journalistischen Herkunft geschuldet war. In der Politik kompromißlos und linientreu, gebärdete er sich knochenhart in Sachen Zugeständnisse an den Regimekritikern Havemann und Biermann. 1973 wurde er Ministerpräsident. Drei Jahre später degradierte Honecker ihn zum damals eher bedeutungslosen Volkskammerpräsidenten. Der Grund hierfür ist bis heute unbekannt.

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