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Sind die Dieckmann!

■ Noch eine Hauptstadtdebatte: Friedrich Dieckmann und Diedrich Diederichsen diskutierten in der Volksbühne über Terror und Theater

Friedrich Dieckmann hat in den letzten Jahren vermutlich mehr Sorten Mineralwasser probiert als andere Menschen in ihrem ganzen Leben. Friedrich Dieckmann macht nämlich nichts anderes, als an Podiumsdiskussionen teilzunehmen: Er wird dann als „ostdeutscher Publizist“ angekündigt, redet mit anderen Menschen über Berlin, über Kultur oder über beides gleichzeitig und nippt zwischendurch an dem Glas Wasser, das der jeweilige Veranstalter ihm neben das Mikrofon stellt.

Auch als am Freitag in der Volksbühne eine Podiumsdiskussion stattfand, war Friedrich Dieckmann wieder dabei. Der Ort und die vielen jungen Menschen schienen ihm zu gefallen: „Wir sind hier ja unter uns“, sagte er gleich zu Beginn, „ich bin der Mensch aus Treptow.“ Das klang so, als könnte Friedrich Dieckmann an diesem Abend einmal das Mineralwasser Mineralwasser sein lassen und eine Flasche Beck's mit einem Plastikfeuerzeug aufhebeln: Treptow rules.

Das passierte nicht, und das Thema des Abends war ja auch ein sehr ernstes. „Das neue Berlin: Apokalypse oder Zukunft ohne Ende?“ sollte diskutiert werden, im Anschluß an Frank Castorfs jüngste Inszenierung „Terrordrom“. Nachdem der Spex-Herausgeber Diedrich Diederichsen das Stück in einer Rezension im letzten tip für nicht so gut befunden hatte, glaubt die Volksbühnen- Dramaturgie sich jetzt im Zentrum einer „Stadt-Theater-Terror-Debatte“. So eine Debatte will natürlich gepflegt werden. Darum hatte man Diederichsen eingeladen und ihn aufs Podium gesetzt. Daneben Dieckmann, denn Dieckmann kann eigentlich zu allem etwas sagen.

Erst einmal sprach Diederichsen. Das heißt, Diederichsen spricht natürlich nicht, er analysiert: Die „Terrordrom“-Inszenierung – die Berlin als ein endzeitlich eingefärbtes Videospiel vorführt – würde „kein Weltbild exekutieren“, sondern nur bestätigen, erklärte er und fand das abwechselnd gefährlich und langweilig. Außerdem gefiel ihm die Beliebigkeit nicht, mit der die Zitate zusammengesetzt waren: „Das muß doch gebrochen werden.“ Derweil besann sich Friedrich Dieckmann auf seine Verantwortung als ostdeutscher Publizist: „Im Westen wird immer alles viel zu ideologisch gesehen“, erklärte er und wackelte dabei mit den Augenbrauen. Man war also verschiedener Meinung, hatte sich aber nicht viel zu sagen. Etwas hilflos wandte man sich also an die sogenannte Moderatorin Annette Eckert. „Reden wir jetzt hier eigentlich über das Stück oder über Berlin?“ erkundigte sich Diederichsen. Und Frau Eckert – die es hinbekommen hatte, in der Vorstellungsrunde mehr Zeit auf ihre eigene Biographie zu verwenden als auf die der geladenen Gäste – erklärte: „Wir reden über das Stück und über Berlin und über die Zukunft und über das, was so ist ...“ Das tat man dann eine Weile und verglich sogar die „Terrordrom“- Inszenierung mit verschiedenen „Derrick“-Folgen. Das war natürlich ein ganz großer Blödsinn, aber es war eindrucksvoll zu sehen, daß Friedrich Dieckmann auch zum Thema „Derrick“ etwas zu sagen hatte.

Irgendwie kam man dann wieder auf Berlin zurück. Dieckmann setzte sein Das-muß-man-sich- mal-vorstellen-Gesicht auf und erzählte von dem vielen Geld und dem vielen Beton in der Stadt: Da müsse man doch auch einmal die Frage stellen, wo der Mensch bleibt. Daraufhin sagte Diederichsen, und das war der schönste Moment des ganzen Abends: „Ach, der Mensch ... scheiß Mensch.“ Kolja Mensing

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