Sind Sie glücklich?: „Bananen waren nicht das Maßgebende“
■ 11 Uhr, Alexanderplatz. Der Sachse Wolfgang Thesevitz ist froh, in der öffentlichen Toilette am Alex zu arbeiten. „Arbeit ist ja jetzt das A und O“
„Sind Sie glücklich?“ will die taz wissen und hört sich täglich um 11 Uhr abwechselnd auf dem Alexanderplatz und dem Wittenbergplatz um.
Der 52jährige Sachse Wolfgang Thesevitz: Ich bin eigentlich zufrieden. Schön wird mein Leben durch die Partnerschaft und die Arbeit. Arbeit ist ja jetzt das A und O und daß mein Geld stimmt. Glück ist auch, gemeinsam mit jemanden zusammenzuleben. Bevor ich 1995 als Toilettenwart angefangen habe, habe ich Asbestsanierung gemacht. Vorher war ich bei der Bahnreinigung, das hat mir nicht ganz so zugesagt. Ich glaube nicht, daß die Menschen im Osten mit weniger glücklich sind als die im Westen. Durch die Wiedervereinigung hat sich ja einiges herauskristallisiert im Miteinander. Früher war man mehr zusammen. Da ich selber im Handel „Obst, Gemüse und Speisekartoffeln“ gearbeitet habe, konnte ich mich nicht über die Versorgungslage beschweren. Aber Bananen sind nicht das Maßgebende gewesen. Viel schlimmer war, daß die Reisefreiheit nicht war. Doch was nützt jetzt das Reisen, wenn viele Leute kein Geld haben? Ich war in Mallorca, das hat mir sehr gut gefallen.
Wir haben früher ruhiger gelebt. Wenn ich mir das heute angucke, die Frauen können sich abends ja kaum noch aus dem Haus trauen. Ob zu DDR-Zeiten oder jetzt, ich war eigentlich immer zufrieden. Meine Cousine aus Frankfurt am Main hat damals gleich gesagt, nicht daß ihr denkt, jetzt fliegen euch gebratene Tauben in den Mund. Ein Leben ohne Arbeit könnte ich mir nicht vorstellen. Ich habe wirklich sehr viel gearbeitet. Wenn man so hört, na, die Ostdeutschen müssen arbeiten lernen, das kommt mir immer ein bißchen sauer hoch. Weil das wirklich nicht stimmt. Wir mußten ja aus nichts was machen. Barbara Bollwahn
Heute stehen wir auf dem Wittenbergplatz
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