Sind Sie glücklich?: „Ich glaube, daß Politiker glücklicher sind“
■ 11 Uhr, Alexanderplatz. Postbotin Karina Kiehlreiter schimpft über die Politiker. „Die sitzen im Bundestag und schlafen oder fummeln in der Nase rum“
„Sind Sie glücklich?“ will die taz wissen und hört sich täglich um 11 Uhr abwechselnd auf dem Wittenbergplatz und dem Alexanderplatz um.
Die 39jährige Karina Kiehlreiter: Ich bin im Moment nicht glücklich, weil ich nur 84 Prozent verdiene und für 100 Prozent arbeiten muß. Das Geld reicht vorn und hinten nicht. Glück ist für mich, mit meinen Leben zufrieden zu sein. Wenn ich keine finanziellen Probleme habe, mir hin und wieder auch mal ein kleines Extra leisten kann. Früher war ich glücklicher. Gut, da hat man vieles nicht gekriegt. Aber was nützt mir das, wenn ich es jetzt kriege und nicht bezahlen kann? Ich wäre schon glücklich, wenn ich verreisen könnte. Es muß ja nicht Ausland sein. Man muß ja auch erst mal die neuen, Entschuldigung, die alten Bundesländer kennenlernen. Seitdem die Grenzen auf sind, war ich noch nicht einmal verreist. Besonders glücklich war ich, als ich meinen Mann kennengelernt habe. Das war vor 13 Jahren durch eine Heiratsannonce. Ich sah ihn und dachte: „Na ja, ist so mein Typ, so ungefähr in der Richtung kommt das hin.“ Er hat zu mir gesagt: „Mich wirst du nicht mehr los, du brauchst keine Sorgen zu haben.“ Das hat sich auch vollendet. Bis jetzt bin ich ihn nicht wieder losgeworden. Ich wäre vielleicht glücklicher, wenn ich Kinder hätte, die mir leider verwehrt geblieben sind. Ich versuche, mit meinem Mann mein Leben so zu gestalten, daß wir einigermaßen gut über die Runden kommen, ohne Schulden zu machen.
Herr Kohl hat da ja keine Probleme. Die können ja sogar im Bundestag sitzen und schlafen oder sich in der Nase rumfummeln. Ich glaube, daß die Politiker teilweise glücklicher sind. Wenn ich so leicht mein Geld verdienen würde, wäre ich auf jeden Fall glücklich. Barbara Bollwahn
Heute stehen wir auf dem Wittenbergplatz.
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