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Eierkrise in den USAOlli Kahn, Donald Trump, der Osten und ihre Eier

Eiswürfel-spuckende Riesenkühlschränke und Doppel Whopper, aber keine Eier? Da war die DDR dem Trump-Land einen weiten Schritt voraus.

lost in egg-land: Eierkrise in den USA Foto: NurPhoto/imago

W as fehlte den Bayern 2003? Richtig: Eier. Was fehlt den Amerikanern heute? Genau: Eier. Wobei Olli Kahn, der damals Torwart bei Bayern München war, andere Eier meinte als die, nach denen die Ame­ri­ka­ne­r:in­nen sich heute die Hacken ablaufen. Die Bayern mussten 2003 eine Niederlage gegen Schalke eingestehen – weil sie keine Eier hatten. Ganz so dramatisch ist es heute im Land der unbegrenzten Möglichkeiten nicht – und die Eier fehlen in den Supermärkten.

Ein paar gibt es noch, aber die sind so teuer wie Dubai-Schokolade. Trotzdem stehen die Menschen, wie man hört, in Schlangen vor den Geschäften, um ein paar Kartons mit einem Lebensmittel abzugreifen, das noch beliebter zu sein scheint als Doppel Whopper mit zweimal Cheddar Cheese und extra viel Zwiebeln. Wie gut, dass viele Lebensmittelläden 24/7 geöffnet haben. Das Gelbe vom Ei ist das trotzdem nicht – jedenfalls nicht, wenn Mangelwirtschaft herrscht.

Die DDR – ein Eierparadies. Und wäre für Trump ein Schnäppchen

Das muss eine völlig neue Erfahrung für Menschen sein, die Kühlschränke in der Größe von Garagen haben und aus deren Türen auf Knopfdruck Eiswürfel direkt ins Glas plumpsen. Mangelwirtschaft, das kennen Menschen in Trump-Land eben nicht, das kennen Menschen, die im Sozialismus groß geworden sind. Aber die wussten sich zu helfen. Was wurde in der DDR nicht alles getauscht: Bananen gegen Badfliesen, ungarische Salami gegen Dachpappe, Radeberger gegen Wartburg-Vergaser. Und Eier gegen Hühnerfutter.

Es gab so viele Eier im Osten, dass in keinem DDR-Ernährungsratgeber der Satz fehlte: „Jeden Tag ein Ei.“ Die DDR – ein einziges Eierparadies. Hätte sich Trump vor 1989 schon mit Politik beschäftigt, statt sich seinen Trump Tower in die Fifth Avenue in Manhattan hochziehen zu lassen, er wäre sicher nicht abgeneigt gewesen, den Osten zu kaufen. Das wäre durchaus ein Schnäppchen gewesen und hätte die Staaten vor jeder Eierkrise bewahrt. Es sei einmal dahingestellt, ob die Vogelgrippe für den derzeitigen Eiertanz verantwortlich ist.

Nun ist so ein Ei in jeglicher Form seiner Zubereitung – gekocht, gerührt, gebraten – das eine; das andere – und in meinen Augen die ausgereifteste Verwendung, seit es süße Schnäpse gibt – die Kombination mit Alkohol. Der Osten war auch hier erfinderisch: War Eier­likör in der Kaufhalle aus, machten die Leute ihn selbst: Wodka, Doppelkorn oder Rum, Zucker, Vanillezucker, Eier – fertig. Denn ein Leben ohne Eierlikör ist möglich, aber sinnlos.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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