Siemens will 3000 Stellen streichen: "Manager haben gepennt"
Der Technologiekonzern plant, sich in der Sparte Siemens Enterprise Network von der Hälfte seiner Mitarbeiter zu trennen. Die IG-Metall fürchtet ein "zweites BenQ".
Schlechte Nachrichten von Siemens für die Beschäftigten: Bei der hundertprozentigen Unternehmenstochter Siemens Enterprise Networks (SEN), die sich mit Telefonanlagen, WLAN-Geräten und Datenfunk beschäftigt, sollen hierzulande rund 3.000 Stellen gestrichen werden.
Die IG Metall warnte am Wochenende vor einem "zweiten Fall BenQ". Nachdem Siemens seine Handysparte an den taiwanesischen Hersteller BenQ verkauft hatte, schloss dieser wenige Monate später die Werke in Deutschland. Siemens wollte sich auf Anfrage der taz am Sonntag zu den Stellenstreichungen nicht äußern.
Bereits 2006 hatte Siemens den Telefonanlagen-Bereich in eine eigene Firma ausgelagert und sucht seitdem nach einem Käufer. Mit weniger Mitarbeitern wäre die Firma für Investoren attraktiver. Weltweit sind bei SEN 17.500 Mitarbeiter beschäftigt, in Deutschland sind es bislang 6.200. Die SEN-Kosten gelten im internationalen Vergleich als sehr hoch.
Angeblich verdienen SEN-Mitarbeiter im Durchschnitt 80.000 Euro brutto im Jahr, während in der Branche - etwa bei Konkurrenten wie Cisco, Nortel oder Avaya - 60.000 Euro üblich sein sollen. Schon im August 2007 hatte der Konzern angekündigt 600 Stellen abzubauen. Die neue vierstellige Zahl überrascht die Gewerkschafter. "Es gibt erschreckende Parallelen zu BenQ", sagte der bayerische IG-Metall-Sprecher Matthias Jena der taz.
Genau wie bei den Handys habe das SEN-Management die Entwicklungen verschlafen und die Sparte so in Schwierigkeiten gebracht. "Hier wurden noch Rechner-Großschränke gebaut, als die Leute flexible Software-Lösungen wollten." Zwar sei die Entwicklung in den Laboren auf dem Stand der Zeit, "aber die Entscheider haben gepennt". Erst am letzten Freitag hatte Siemens-Chef Peter Löscher bestätigt, dass ein Verkauf von SEN bevorsteht. "Wir sind in sehr aussichtsreichen Gesprächen mit mehreren Partnern", sagte er Bloomberg TV. Unter den "Partnern" soll der Finanzinvestor Cerberus und Alcatel-Lucent sein. Das französisch- amerikanische Unternehmen steht jedoch selbst schlecht da. Im vierten Quartal 2007 hat Alcatel-Lucent einen Verlust von 2,58 Milliarden Euro eingefahren und will 16.500 Stellen streichen.
"Bei den potentiellen Käufern muss genau geprüft werden, ob sie in der Lage sind, das Unternehmen sinnvoll zu führen", forderte nun IG-Metall-Mann Jena. Bei BenQ sei Kennern klar gewesen, dass es ein sehr schwieriges Geschäft werden würde, dass nur in einem starken, gut geführten Unternehmen überleben hätte können. Ähnlich sei das bei SEN.
Am Dienstag tagt nun der SEN-Wirtschaftsausschuss. "Dort erwarten wir klare Informationen", so Gewerkschafter Jena. Falls sich die Zahlen bestätigen will die IG Metall "sozialverträgliche Lösungen", etwa Umschulungen. Schließlich suchten andere Siemens-Bereiche händeringend Spezialisten. Konzern-Chef Löscher will die Sparten Medizintechnik, Energietechnik und Industrieanlagen ausbauen.
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