: Siemens verweigert Kompromiß
■ Umweltschützer Janssen macht trotzdem neues Angebot / Stadtamt verhängt wieder hohes Willkür-Bußgeld wegen Pflaster-Malerei
Siemens hat den Kompromiß abgelehnt, mit dem der Umweltschützer Gerold Janssen ein Stück des Feuchtgebietes „Uni-Ost“ retten wollte. Das geht aus einem Schreiben des Bremer Niederlassungs-Leiters von Hettinga vom 5. April an Umwelt-Senator Fücks hervor. Doch Janssen will trotzdem nicht aufgeben. Der Umweltschützer ist bereit, seinen Kompromiß-Vorschlag so zu modifizieren, daß für Siemens kein Anlaß besteht, weiterhin auf einem „Nein“ zu bestehen.
Nach dem ursprünglichen Kompromiß hätte ein öffentlicher Weg quer durch das Siemens-Gebiet geführt. Dies, so von Hettinga, würde zusätzliche Kosten für Bewachung, für Zufahrten, Wege und Datenleitungen erfordern. „Diese Zweiteilung ist aus unserer Sicht nicht zumutbar.“ Daß die High-Tech-Tochter Siemens-Nixdorf (SNI) auf der anderen Seite des Autobahnzubringers liegt, Siemens also selbst durchaus „Zweiteilung“ in Kauf nimmt, will Janssen als Argument gar nicht ausspielen. Wenn Siemens seine 13 bisher verstreuten Verwaltungs-, Verkaufs- und Reperatur-Abteilungen nicht auf zwei nebeneinanderliegenden, sondern nur auf einem kompakten Grundstück konzentrieren will, dann ginge das auch.
Es könnten – so der Umweltschützer – die aufgeschütteten „Berge“ im Gebiet Uni-Ost Siemens zuliebe verschoben werden. Dadurch würde ein kompaktes Gebiet entstehen, die Durchwegung sei durchaus verzichtbar, und die unter Naturschutz-Gesichtspunkten wertvollen Feucht-Zonen würden erhalten bleiben, wenn der Rest des Geländes unter Schutz gestellt würde. Und Janssen, der auf den Besuch des Münchener Siemens-Direktors Briese wartet, kann dem Konzern als Gegenleistung etwas anbieten: Durch die Einsprüche der Umweltschützer und durch die erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen – die Bauern wollen ihr Land nicht so leicht hergeben – könnte sich ein Baubeginn für Siemens lange verzögern. Wenn die Siemens-AG auf Janssens Vorschlag eingeht, gäbe es mehrere Hindernisse weniger. Vielleicht kam deshalb die Ablehnung des Janssen-Vorschlages auch nur auf dem Briefpapier des Bremer Niederlassungsleiters und nicht vom Vorstand in München.
Das Bremer Stadtamt setzt derweil seine offenkundigen Willkür-Akte gegen den Umweltschützer fort. Weil er Naturschutz-Parolen an der Wand zum Autobahnzubringer und auf Straßenkreuzungen angebracht hatte, hat das Stadtamt Janssen Bußgeldbescheide mit dem Höchstsatz von jeweils 500 Mark zugestellt. Ende März hatte das Bremer Amtsgericht diese Bescheide mit der deutlichen Begründung zurückgewiesen, hier habe das Stadtamt jegliche Relation vermissen lassen zu anderen Verstößen gegen die Straßenordnung. Allein in der Bemalung des Autobahnzubringers konnte das Gericht eine gewisse Verkehrsgefährdung erkennen.
In Kenntnis dieses Urteils hat das Stadtamt gegen den Umweltschützer wegen der Bemalung von Gehwegplatten vor dem Siemens-Gebäude wieder den Höchstsatz von 500 Mark verängt. Das Stadtamt sei an Gerichtsurteile nicht gebunden, erklärte die zuständige Referatsleiterin Rosebrock gegenüber der taz. Die Höchststrafe sollte abschreckende Wirkung gegen Nachahmer haben. Wenn das Stadtamt bei anderen kommunalen Konflikten gegen Parolen-Maler keine Bußgelder verhänge, wie der Richter das bemerkt hatte, dann liege das allein daran, daß keine Anzeigen vorlägen.
Gerold Janssen hatte schon bei den ersten Bußgeldern von „politischen Preisen“ gesprochen. Er sieht sich gezwungen, jetzt wieder mit einem Einspruch vor Gericht zu gehen. Schon zu der ersten Strafe – das Gericht hatte das Bußgeld von 1000 auf 250 Mark herabgesetzt – hatte er erklärt: „Ich persönlich zahle keinen Pfennig“ und zu einer Spendensammlung für zivilen Ungehorsam und für Umweltschutz aufgerufen (Spendenkonto des BUND, Kto. 1021922, Sparkasse in Bremen). Falls er wieder zu einem Bußgeld verurteilt wird, will der 70jährige Janssen, der für sein Umweltschutz-Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, persönlich auf die Sögestraße und vor das Rathaus Mark für Mark sammeln. K.W.
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