: Siegermächte singen mit im deutschen Einheitschor
■ Die Alliierten des Zweiten Weltkrieges und die beiden deutschen Staaten unterzeichnen in Moskau Vertrag/ Vereinigtes Deutschland ab dem 3. Oktober souverän/ Polnische Westgrenze festgelegt
Moskau (taz) — Buchstäblich in letzter Minute wurden die letzten Hindernisse aus dem Weg geräumt, dann konnten gestern um 12.50 Uhr Moskauer Zeit die sechs Außenminister zum sprichwörtlichen Füllfederhalter greifen. Mit der Unterzeichnung des Vertrages, der in neun Artikeln die äußeren Aspekte der deutschen Vereinigung regelt, sind die 4+2-Verhandlungen der Siegermächte des Zweiten Weltkriegs sowie der beiden deutschen Staaten zu Ende gegangen. Der Vertrag bestätigt die Außengrenzen des künftigen Gesamtdeutschlands und damit die polnische Westgrenze. Die vier Mächte verzichten im Gegenzug auf ihre Besatzungsrechte. Dieser Verzicht tritt allerdings erst nach Ratifizierung des 4+2-Vertrages in Kraft. Für die Zwischenzeit suspendieren die vier Siegermächte laut einer gestern veröffentlichten gemeinsamen Erklärung diese Rechte — mit Wirkung vom 3. Oktober. Der Vertrag gibt Gesamtdeutschland das Recht, „Bündnissen mit allen sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten anzugehören“ — also auch der Nato. Von künftigen gesamteuropäischen Sicherheitsstrukturen und der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) ist dagegen nur in einer schwammigen Formel der Präambel die Rede.
Zwei umstrittene Punkte wurden gestern noch per Kompromiß gelöst: Die Nato-Staaten verzichten auf die Stationierung von Artillerie, die sowohl atomar wie konventionell bestückt werden kann. Dafür dürfen westliche Truppen künftig auch östlich der Elbe Manöver abhalten. SEITEN 2, 3 UND 10
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