: Sieg der Partei des Exdiktators Rios Montt
■ „Leider fehlten die WählerInnen“ bei den Parlamentswahlen in Guatemala
Guatemala-Stadt (taz) – Wie die Umfragen vor den Wahlen bereits angekündigt hatten, ist die größte Partei Guatemalas die der Unzufriedenen und Parteiverdrossenen: Weniger als 20 Prozent der eingeschriebenen Wähler gaben ihre Stimme ab, um die 80 Abgeordneten des neuen Parlaments zu wählen. „Alles hat perfekt geklappt“, kommentierte ein Politiker den Wahlgang, „leider fehlte der wichtigste Teilnehmer, nämlich das Volk.“ Die meisten Sitze – miteinander mindestens die Hälfte – eroberten die rechtsextreme Republikanische Front Guatemalas (FRG) des ehemaligen Diktators General Rios Montt und die dem modernen Unternehmertum nahestehende Partei der Nationalen Aktion (PAN) des ehemaligen Bürgermeisters der Hauptstadt, Alvaro Arzú. Beide Parteiführer wollen dieses Parlament benutzen, um sich für die Präsidentschaftswahlen vom Dezember 1995 zu profilieren.
In Guatemala-Stadt erreichte die PAN fast 45 Prozent, die FRG 34. Die großen Verlierer sind die traditionellen Parteien, deren Korruptionsaffairen den Präsidenten Ramiro de Leon veranlaßt haben, via Volksbefragung diese Neuwahl zu erzwingen. Sowohl die Christdemokraten, die von 1986 bis 1990 regierten, als auch die Partei des im Vorjahr nach seinem autoritären Durchmarsch abgesetzten Präsidenten Jorge Serrano erlitten ein Debakel. General Mejia Victores, der Rios Montt vor zehn Jahren gestürzt hatte, verfehlte als Spitzenkandidat einer kleinen Rechtspartei einen Parlamentssitz.
Dem neuen Parlament, das nur 15 Monate amtieren wird, kommt doch entscheidende Bedeutung zu, weil es die Mitglieder des Obersten Gerichtshofes ernennen soll und über die Verfassungsreformen beschließen muß, die aus den Friedensverhandlungen mit der Guerilla resultieren. Die FRG will ihre starke Position nutzen, um jenen Verfassungsartikel zu beseitigen, der es ehemaligen Diktatoren verbietet, für die Präsidentschaft zu kandidieren. Rios Montt, ein fanatischer Sektenprediger und Befürworter der Todesstrafe, der 1974 um den Wahlsieg betrogen wurde, will endlich auf legalem Weg an die Macht kommen, um seine Idee vom autoritären Gottesstaat zu verwirklichen. Ralf Leonhard
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