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Siedler bleiben unter Waffen

■ Maßnahmen der israelischen Regierung gelten nur für einige Dutzend Personen

Tel Aviv (taz) – Verkehrte Welt: Während die rechten politischen Gruppierungen Israels die von der Regierung beschlossenen Maßnahmen gegen militante Siedler begrüßen, lehnen die linken Organisationen diese ebenso wie die PLO ab. Begründung: Die angeordnete Entwaffnung und Festnahme von Siedlern betreffe nur einige Dutzend Personen und sei somit ungeeignet, weitere Massaker zu verhindern.

Bisher wurde gegen fünf Mitglieder militanter Organisationen, die das politische Erbe des rassistischen Rabbiners Meir Kahane angetreten haben, Administrativhaft verhängt. Die Staatsanwaltschaft wurde beauftragt zu überprüfen, ob und welche dieser Organisationen verboten werden können. Zumeist werden diese Gruppierungen mit der Bezeichnung „Kach- Bewegung“ versehen. Tatsächlich handelt es sich jedoch um ein breiteres Spektrum. Führer und Aktivisten dieser Gruppen leben vor allem in Kirjat Arba bei Hebron. Die mittlerweile 4.400 Einwohner zählende Siedlung wurde vor 20 Jahren unter der Regierung der Arbeitspartei gegründet.

Die von der Regierung beschlossenen Maßnahmen haben im großen und ganzen die Zustimmung der rechten Oppositionsparteien, weil Siedler und Siedlungen sowie die verschiedenen stärkeren und etablierten Gruppen der Rechtsradikalen nicht von ihnen betroffen sind. Vertreter des Friedensblocks halten die Maßnahmen dagegen für verspätet und nicht geeignet, das Problem zu lösen. So fehle der Beschluß, die bewaffneten rechtsextrem-rassistischen Siedler, die in der arabischen Innenstadt Hebrons leben, zu entfernen. Jeder einzelne dieser Leute könnte jederzeit neue Massenmorde durchführen, heißt es in einer Erklärung des Friedensblocks. „Seit Jahren geht der Wahnsinn bei uns um. Wahnsinnig war die Errichtung von Siedlungen und ihre weitere Erhaltung. Der Aufbau und die Unterstützung von bewaffneten Siedlerbanden durch die Regierung und die Armee muß als wahnsinnig gelten.“ Jetzt gehe es darum, „diesem Wahnsinn ein Ende zu setzen“. Das Massaker in Hebron beweise, „daß es völlig unmöglich ist, eine Interimszeit von fünf Jahren aufrechtzuerhalten, wenn gleichzeitig die Siedler unter dem Schutz der israelischen Armee am Ort bleiben“. Dies bedeute „die Schaffung eines weiteren Bosniens im Gaza-Streifen und in der Westbank“.

Die israelische Bürgerrechtsorganisation hat an dem Regierungsbeschluß vor allem auszusetzen, daß er „Administrativhaft“ vorsehe. Dabei handelt es sich nach Ansicht der Organisation um „eine besonders drastische Art der Menschenrechtsverletzung, die besser vermieden werden sollte“. Gleichzeitig bedauert die Organisation, daß wieder große Truppen- und Polizeiverbände gerade dorthin geschickt würden, wo Palästinenser oder israelische Araber Protestdemonstrationen abhalten. Die Organisation hofft, daß die Sicherheitseinheiten dabei maximale Zurückhaltung üben, um Menschenopfer zu vermeiden. Möglichst sparsam sollte auch mit Kollektivmaßnahmen wie Ausgehverbot und Gebietsabsperrung umgegangen werden.

Der israelische Schriftsteller Jehoschua fragt, wie es möglich sei, daß die israelischen Behörden „faschistische Organisationen“ so lange geduldet haben: „Wie ist es möglich, daß die von Israels Sicherheitsdiensten gesuchten Palästinenser immer erwischt werden, aber niemals israelische Faschisten, die des Mordes verdächtig sind? Unter Anspielung auf die verschiedenen Regierungen der Arbeitspartei meint Jehoschua, daß diejenigen, „die Siedlungen in den siebziger Jahren befürwortet haben, wissen mußten, wohin das alles führt“. Jetzt sei es notwendig, „den Leuten die volle Wahrheit zu sagen. Nämlich, daß letztlich ein palästinensischer Staat entstehen wird.“ Die Siedler hätten nur die Wahl, „entweder wegzugehen oder bereit zu sein, im Rahmen eines palästinensischen Staates, unter fremder Herrschaft zu leben“.

Feisal Husseini, der in Ost-Jerusalem residierende Vertreter der von PLO-Chef Jassir Arafat geführten Fatah, zeigte sich enttäuscht von den Beschlüssen des israelischen Kabinetts. Er sprach von „vorübergehend wirkenden Palliativen, die aber die Krankheit selbst nicht heilen“. „Wenn die Regierung die Siedler nicht entwaffnet, werden wir unserem palästinensischen Volk raten müssen, sich zu bewaffnen, damit es sich verteidigen kann“, erklärte er. Er verlangte, die Frage der Siedlungen sofort auf die Tagesordnung der Verhandlungen zwischen Israel und der PLO zu setzen. „Was in Hebron geschehen ist, beweist, daß Frieden und Siedlungen nicht koexistieren können. Wir stehen vor der Wahl: entweder Siedlungen oder Frieden.“ Amos Wollin

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