piwik no script img

„Sie sollten sich schämen“

■ Kontroversen auf der Siemens-Hauptversammlung, auch zwischen Belegschaft und Vorstand. Weihnachtsgeld gekürzt

München (dpa/rtr) – Knapp 7.000 Aktionäre von Siemens trafen sich gestern in München zur jährlichen Hauptversammlung des Atom- und Elektronikkonzerns. Dabei prallten die Interessen derer aufeinander, die von den Gewinnen etwas abhaben wollen.

Sprecher der beiden größten Kleinaktionärsorganisationen forderten deutlichere Gewinnsteigerungen. Der Weltkonzern spiele bei der Ertragskraft „in der Kreisliga“, sagte eine Sprecherin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Wenn Siemens wie geplant bis zum Jahr 2000 seine Eigenkapitalrendite von knapp zehn auf 15 Prozent erhöhen wolle, seien erheblich größere Einschnitte im Konzern erforderlich.

Aus dem Kreis der Belegschaftsaktionäre wurde Siemens- Chef Heinrich von Pierer hingegen „Lohndumping“ vorgeworfen. „Sie haben sich auf die andere Seite gestellt“, warf ihm Manfred Meiler, Vertreter des Vereins Belegschaftsaktionäre gestern vor. Von Pierer sei nicht mehr um einen „Spagat“ zwischen den Interessen von Mitarbeitern und Aktionären bemüht. Er betreibe eine allein an der Rendite orientierte Politik und zerstöre mit seinem Kurs den sozialen Konsens. Dies könne zum Verlust weiterer Zehntausender von Stellen führen. Meiler kündigte an, den Vorstand nicht entlasten zu wollen.

Aufsichtsratschef Hermann Franz warf Meiler vor, seinen Gegenantrag „schlampig“ begründet zu haben. „Sie sollten sich schämen“, sagte Franz. Die Belegschaft hält laut Firmenangaben 20 Prozent der Siemens-Aktien. Trotz eines Gewinns von 2,61 Milliarden Mark 1996/97 wurde ihr das Weihnachtsgeld laut den tarifverträgen um fünf Prozent gekürzt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen