Shell fühlt sich von Totem verfolgt

■ Ölmulti will die bevorstehende deutsche Ausgabe von Ken Saro-Wiwas Gefängnistagebuch „nicht hinnehmen“

Berlin (taz) – Shell fühlt seinen Ruf durch die deutsche Veröffentlichung eines Buchs von Ken Saro-Wiwa beschädigt. Der Rowohlt Verlag will ein Werk des hingerichteten nigerianischen Bürgerrechtlers unter dem Titel „Flammen der Hölle – Nigeria und Shell: Der schmutzige Krieg gegen die Ogoni“ herausbringen. Doch die Londoner Anwälte von Shell drohen, vor Gericht „alle notwendigen Schritte“ zum Schutz der Rechte des Konzerns zu unternehmen. Nach Ken Saro-Wiwas Hinrichtung im November 1995 war Shell beschuldigt worden, keine Schritte zum Schutz der Rechte des Nigerianers unternommen zu haben.

Das Buch, das im März in der Reihe rororo aktuell erscheint, besteht im wesentlichen aus der deutschen Übersetzung von Ken Saro-Wiwas Gefängnistagebuch, das 1995 in Großbritannien unter dem Titel „A Month and A Day“ erschienen war. Es ist die erste deutsche Ausgabe eines Buches von Ken Saro-Wiwa, für den sich zu seinen Lebzeiten kein deutscher Verlag interessierte. „Unser Mandant“, heißt es in einem an Rowohlt Taschenbuch adressierten Schreiben der Londoner Anwaltskanzlei Denton Hall vom 1. Februar, „ist nicht bereit, die Veröffentlichung von Büchern hinzunehmen, die ihn in abwertender Weise direkt oder indirekt mit den Aktivitäten der nigerianischen Regierung in Verbindung bringen oder die Wirkung haben, seinen geschäftlichen Ruf oder Aktivitäten zu beeinträchtigen.“

Shell, heißt es weiter, sei „besonders besorgt“ über eine Veränderung seines Logos auf dem Buchumschlag. Die jedoch ist laut Frank Strickstrock, Herausgeber von rororo aktuell, überhaupt nicht vorgesehen. Ein mit Blut verfremdetes Shell-Logo befindet sich nur auf dem Umschlag des im Lamuv-Verlag erscheinenden Bandes „Zum Beispiel: Ken Saro-Wiwa“.

Reiner Winzenried von der Deutschen Shell AG sagte gestern, es sei „definitiv falsch“, daß Shell die Veröffentlichung verhindern wolle. Er habe mit dem Rowohlt Verlag nur über eine mögliche Veränderung des Untertitels gesprochen. Dabei sei er „abgebügelt worden“. D.J.