Sexuelle Selbstbestimmung: UN kämpfen für Homos
66 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen verlangen Straffreiheit für Schwule und Lesben. Der Rest der Welt - 126 Länder - verweigert die Unterstützung.
BERLIN taz 66 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen (UNO) haben am Donnerstag in New York eine Erklärung gegen die Verfolgung von Homosexuellen unterzeichnet. Es ist das erste Dokument zum Thema sexuelle Menschenrechte, das die UN in ihrer 60-jährigen Geschichte signiert haben. Frankreich und die Niederlande waren bei dieser Initiative federführend. Zu den Unterzeichnern der Erklärung - die lediglich als Geste, nicht als rechtsverbindlich zu verstehen ist - gehören neben den 27 Ländern der EU Island, Norwegen und der Schweiz auch alle Teile des früheren Jugoslawien sowie das Gros der lateinamerikanischen Staaten.
Viele Länder haben sich dieser Deklaration jedoch nicht angeschlossen, neben den meisten afrikanischen Staaten sind darunter auch fast alle mehrheitlich muslimischen Länder (außer Bosnien und Herzegowina). Sie agierten diplomatisch bis zuletzt im Bündnis mit dem einflussreichen Vatikan, Russland und China gegen die Erklärung: Sie verkörpere eine unnötige Ausweitung des Menschenrechtsbegriffs, außerdem handele sie von einem Thema, das in ihren Ländern als unschicklich und unanständig gewertet werde.
Besondere Aufmerksamkeit erregte der Umstand, dass auch die USA sich der Signatur verweigerten. Die US-Delegation ließ verlauten, diese UN-Erklärung sei zu allgemein gefasst und könne mit den Rechtslagen in den jeweiligen US-Bundesstaaten kollidieren. Konkret: Die Deklaration könnte von HomobürgerrechtlerInnen genutzt werden, die in einigen Staaten der USA geltenden Verfassungsverbote von Homoehen auszuhebeln. Die New York Times erkannte freilich in der diplomatischen Ignoranz der noch Bush-hörigen US-Delegation bei den UN eine Art letztes "Weihnachtsgeschenk für die Klerikalen" im Land.
Bürgerrechtsorganisation weltweit begrüßten die UN-Geste. Amnesty International wie auch Human Rights Watch feierten die Erklärung als "Meilenstein", um auch das sexuelle Selbstbestimmungsrecht global ernst nehmen zu müssen.
Navanethem Pillay, UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, äußerte nach der Unterzeichnung die Hoffnung, dass sich wie die Apartheidgesetze und die Verbote des sexuellen Kontakts zwischen Menschen unterschiedlicher Hautfarbe auch die Gesetze gegen Homosexualität "als anachronistisch" herausstellen werden - sie seien nicht vereinbar "mit dem internationalen Recht sowie den traditionellen Werten von der Würde des Menschen".
Die Islamische Konferenz hingegen, eine Union muslimischer Staaten, äußerte, diese UN-Erklärung unterminiere die echten Menschenrechte und versuche nur, "Phädophilie" zu normalisieren.
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