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»Sexuelle Neigungen« für Olympia

■ Privatleben der IOC-Mitglieder wird mit dubiosen Methoden ausgeleuchtet

Berlin. Die Berliner Olympiabetreiber haben sich beim Versuch, Einfluß auf das IOC zu nehmen, anscheinend unter die Gürtellinie verirrt. Um »Einflußgrößen« zu ermitteln und ansprechbare »Einflußebenen« auszuloten, sollen die 94 IOC-Mitglieder, die im September 1993 über die Vergabe der Spiele entscheiden, mit »zwielichtigen Mitteln« beeinflußt werden. Das wird das ARD- Nachrichtenmagazin Monitor in seiner heutigen Sendung berichten. Eine mit der Olympia-Werbung befaßte Firma soll gezielt intime und indiskrete Informationen über die IOC-Mitglieder gesammelt haben. Das geht laut Monitor aus streng vertraulichen Dokumenten von Berliner Marketing-Unternehmen hervor, die im Auftrag der Olympia GmbH tätig sind. Besonderes Interesse gelte dabei Auskünften über »sexuelle Neigungen« und über »Alkohol- und Drogenkonsum« der IOC- Mitglieder sowie ihre »Stellung zum NS-Regime«. Auch der Name der Freundin wurde registriert sowie auch die Finanzlage der IOC-Mitglieder. Für die Nachforschungen wurden auch »nachrichtendienstliche Kanäle« angezapft. Resultat der olympischen Recherche: Nur 7 der 94 IOC-Mitglieder gelten als »nicht käuflich«. Von der mit der Olympia-Werbung beauftragten Olympia Marketing GmbH war keine Stellungnahme zu erhalten.

Daß der Erfolg der Olympia-Bewerbung zu 65 Prozent von den persönlichen Beziehungen abhängt, vertritt aber auch der Chef der Marketing GmbH, Nikolaus Fuchs. »Die mangelnde Begeisterung der Berliner für die Olympischen Spiele, die Verzögerungen beim Bau der Olympiahalle, die Skandale und Skandälchen um Manager und Macher — all das ist für die Bewerbung irrelevant«, so Fuchs bei einem kürzlich gehaltenen Vortrag. Die Unterstützung der Bevölkerung und das Konzept der Stadt würden, nach den Worten des Marketing- Managers, lediglich zu 15 bzw. 10 Prozent das Votum beeinflussen. Deshalb richtet sich das Augenmerk der Berliner Olympiaplaner auf den »entscheidenden Bereich«, die 94 »Einzelindividuen«. Über diese Klientel haben Fuchs und die seinen »detaillierte Informationen« gesammelt. So weiß man, daß die »Freunde guten Essens und guten Weines« lieber mit dem Privatjet fliegen und bei ihren Entscheidungen ihren Ehefrauen eine wichtige Bedeutung zukommt. esch/dr

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