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“Sexuelle Belästigung“

■ Neun Vorträge zu einem typischen Wegseh-Thema

Was tut frau, wenn sich ihr Vorgesetzter in Gesprächen mit ihr am Sack kratzt? Schaut sie ungeniert hin, so daß er irritiert von seinem Tun abläßt und lieber an einem Jackenkopf fingert? Oder sieht sie weg und ärgert sich doch im stillen, weil sie weiß, daß der betreffende Kollege gegenüber einem Vorgesetzten mehr genitale Zurückhaltung an den Tag legen würde? Und was tut frau, wenn ihr ein „lustiger“ Kollege gern Büroklammern ins T-Shirt steckt, Zoten reißt, „rein zufällig“ die Brüste berührt? Sieht sie weg und hört sie weg, jahrelang? Und wie verhält sie sich, wenn sie an einen Abteilungsleiter gerät, bei dem die Probezeit durchs Bett geht?

„Sexuelle Belästigung und Herabwürdigung am Arbeitsplatz“ — noch immer ein Tabu — wird in den Monaten November bis März Thema einer Vortragsreihe in Bremen sein. Organisatorin Sabine Klein-Schonnefeld, Sozialwissenschaftlerin an der Bremer Universität, über die Folgen der Belästigungen: „Das reicht von allgemeiner Arbeitsunzufriedenheit bis hin zu Selbstekel und Suizidgedanken.“

Die erste Veranstaltung am 14.11. hat das Thema „Auswirkungen auf Wohlbefinden und Gesundheit“. Die Gastreferentin ist Mitautorin einer Studie über den Hamburger öffentlichen Dienst. Diese Studie ergab: 55,9 Prozent der weiblichen Befragten hatten „rein zufällige“ Körperberührungen, die mit der Arbeitssituation nichts zu tun haben, selbst erlebt. 27,8 Prozent der Frauen waren konfroniert mit „beharrlichen Annäherungsversuchen, verbunden mit dem erkennbaren Wunsch nach sexuellen Handlungen“. Organisatorin Klein-Schonnefeld: „Die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz liegt an der Schnittstelle zwischen der allgemeinen Gewalt gegen Frauen und der untergeordneten Position von Frauen im Erwerbsleben.“

Eine weitere Gastreferentin hat an einer bisher unveröffentlichten Studie über die sexuelle Belästigung in der Privatwirtschaft mitgearbeitet. Im Gegensatz zu bundesdeutschen Unternehmen ist in US-Betrieben das Thema „sexuelle Belästigung“ bereits fester Bestandteil von Manager- Trainingskursen. Denn die US- Betriebe, so Klein-Schonnefeld, hätten erkannt, daß sexuelle Belästigungen zu betriebswirtschaftlichen Einbußen führen könnten.

Weitere Vorträge sind zur „gewerkschaftlichen Interessenvertretung“ und den Handlungsmöglichkeiten der „Frauenbeauftragten“. Organisatorin Klein-Schonnefeld hofft, mit diesen Veranstaltungen „wirklich mal Bedienstete aus den Betrieben zu kriegen.“ B.D.

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