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Sexismus auf WerbeplakatenDer Hintern muss weg

Die Linkspartei und Bürger kritisieren ein Werbeplakat der Internetseite Citysexxx.de, auf der man Prostituierte buchen kann. Das sei frauenfeindlich

Regt Anwohner auf: sexistisches Plakat an der Feldstraße Bild: Miguel Ferraz

HAMBURG taz | An der Feldstraße hängt auf einem Anhänger ein zerrissenes Plakat, darauf ist der Hintern einer Frau abgebildet. Sie beugt sich nach vorne, damit Passanten ihre Kurven bewundern können. Sie trägt Tanga und Strapse. Der Werbespruch ist noch zu lesen: „Nur für dich!“ Er wirbt für die Internetseite www.citysexxx.de, auf die man „klicken, und gleich ficken“ kann, wie es dort heißt. Das Angebot hat jemandem wohl nicht gefallen.

Damit ist genau das geschehen, was Theresa Jakob wollte: „Das Plakat musste verschwinden! Das sehen doch auch Kinder und Jugendliche“, kritisiert sie. „Jungs formen sich daraus ihr Frauenbild und Mädchen fragen sich, in was für einer Welt sie leben.“ Jakob war drei Jahre lang im Frauen- und Lesbenrat des Allgemeinen Studierendenausschusses tätig und setzte sich gegen Sexismus ein. „Der Scheiß wird anscheinend immer schlimmer“, regt sie sich auf.

Prostituierte „bestellen“

Wer dem Aufruf des besagten Plakates folgt, kann auf der Internetseite Prostituierte „bestellen“ – wie eine Pizza, drastisch formuliert. Sei es die „geile Sexgöttin“, die „nymphomanische Sklavin“ oder das „heiße Sexkätzchen“, fündig wird man schnell. Man kann ihre Profile anklicken, auf denen ihre Handynummer, Brustgröße, Herkunft, ein Straßenname sowie freizügige Fotos zu sehen sind.

Für den auf Werberecht spezialisierten Juristen Christoph Nebgen befindet sich diese Aktion in einer rechtlichen Grauzone. Zwar besagt der Paragraf 120 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG), dass jegliche Werbung für Prostitution in der Öffentlichkeit strafbar ist. Doch der Bundesgerichtshof hat das Gesetz vor sechs Jahren gelockert. Werben für Sex ist seitdem nicht mehr per se sittenwidrig. Erforderlich für ein Verbot ist heute „eine konkrete Beeinträchtigung von Rechtsgütern der Allgemeinheit, namentlich des Jugendschutzes“.

Ist das bei diesem Plakat der Fall? „Es bewegt sich gewiss auf dünnem Eis“, sagt Nebgen. Denn eine Internetwerbung mit detaillierter Leistungsbeschreibung für sexuelle Dienste sei trotz Lockerung des Paragrafen 120 des OWiG ordnungswidrig. Demnach sei auch das Werben für eine solche Internetseite zu verurteilen. Fakt ist: Wenn ein Zehnjähriger das Plakat sieht und die Webseite besucht, könnte er eine „geile Sexgöttin“ anrufen.

Auch der Werberat beurteilt das Plakat kritisch. Er ist eine Institution, die Bürgern hilft, gegen kritikwürdige Werbung vorzugehen, auch wenn an ihnen rechtlich nichts zu beanstanden ist. „Besonders die Fokussierung auf den Hintern der Frau finden wir problematisch“, sagt die Geschäftsführerin des Werberats, Julia Busse, „da sie als Objekt dargestellt wird.“ Dennoch müsse man die Dienstleistung anerkennen, für die hier geworben wird.

„Klar frauenfeindlich“

Laut der Bürgerschaftsabgeordneten der Linksfraktion, Kersten Artus, überspannt diese Werbeaktion jedoch klar den Bogen. Deswegen hat sie eine Kleine Anfrage an den Senat gestellt, in der sie fragt, ob die Plakate im Einklang mit dem Jugendschutz stehen und ob der Senat erwägt, sie wegen sexistischer und frauenfeindlicher Botschaften zu verbieten. „Gewiss darf im erträglichen Rahmen für Prostitution geworben werden“, sagt Artus. „Aber jeder Jugendliche kann das Plakat mit seinem Smartphone scannen. So etwas sind wir selbst im liberalen Hamburg nicht gewohnt, das geht zu weit.“ Daher müsse die Stadt reagieren. „Denn diese Internetseite ist klar frauenfeindlich und geht über das verträgliche Maß hinaus.“

Der Senat hält sich bis dato mit einer Stellungnahme zurück. Auch die Betreiber der Internetseite möchten sich nicht äußern. So steht das Plakat weiterhin an der Feldstraße; zerrissen zwar, doch sichtbar für jeden.

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8 Kommentare

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  • J
    Jahn

    Hi ihr männerverachtenden Zensiererinnen, habt wohl viel zu tun nur männerverachtende Artikel hier nicht zu zensieren!

    Schämt euch ihr Bastardinnen!

     

    Irgendwann hat das Matriarchart ein Ende

  • K
    Karin

    Ich als Feministin setze mich besonders für die Gleichstellung der Geschlechter ein.

    Deshalb weis nicht was daran schlimm sein soll,

    billiger kommen Prostituierte doch nicht an teuer zahlende Kunden, die sie aufgrund ihrer sexuellen Notlage ausnehmen können.

    Wir Männer werden doch in den Medien und in der Gesellschaft permanent auf unseren Penis und dessen Größe reduziert.Und wer was gegen diesen Sexismus sagt wir als lächerliche Witzfigur mit zu kleinem Penis hingestellt.

    Über die Enge/Qualität der Frauen die mit Ihrer Dose geldverdienen wird doch nichts gesagt.

  • G
    GeeHarry

    wenn etwas schön ist sollte man es zeigen oder auch sich ansehen dürfen ,auch wenn es sich dabei um einen nackten hintern handelt... den Frauen vorm eros wird ja auch nicht verboten sich zu präsentieren...

  • AB
    Arne Babenhauserheide

    @dummeFrauen: Jeder, der einen abhängigen Job hat, vermietet seinen Körper zeitweise - nur unterschiedliche Teile davon. Prostitution vermietet dabei sehr privates und ist psychologisch sicher riskant. Aber auch das ist ein legaler Job - wenn er legal und ohne Unterdrückung ausgeübt wird.

     

    Sollten sich ohne Unterdrückung nicht genug Frauen finden, die ihn machen wollen, dann ist das halt so. Aber denen, die ihn machen wollen, zu verbieten dafür zu werben, halte ich für falsch. Stattdessen sollte die Unterdrückung beendet werden, die oft damit einhergeht. Zum Beispiel indem Prostitution wirklich aus der rechtlichen Grauzone geholt wird - und das bedeutet auch legale Werbung - und dafür mehr kontrolliert wird.

     

    Wenn das Plakat verboten wird, aber Topmodel-Sendungen weiter mit fast auf das Skellet abgemagerten aber ebenso halbnackten Frauen werben dürfen, halte ich das für zynisch. Denn die Topmodel-Sendungen verursachen vermutlich mehr Schaden für andere Frauen als Prostitution: Sie vermitteln jungen Frauen, dass sie selbst abgemagert, opportunistisch und unterwürfig sein sollten.

  • D
    dummeFrauen

    Prostitution IST Frauenhandel!

     

    Prostitution verletzt die Menschenwürde.

     

    Das Prostitutionsgesetz hat die Käuflichkeit von Frauen(-körpern) legalisiert.

     

    Das ist sexualisierte Gewalt und per Gesetz zu verbieten.

     

    Siehe die Gesetzeslage in Schweden.

     

    Nur in Deutschland mit seiner Agenda2010, der Leiharbeit, den Hartz4-Gesetzen und einer Kanzlerin, die Ackermann als Ex-Chef einer asozialen Finanz-Aktienbude in ihrem Etablissement auf den Tischen tanzen lässt, scheint das dem abgestumpften Öko-Bürgertum mit seinen Pornospießern nicht mehr aufzufallen.

     

     

    Zeit, dass sich die Frauenbewegung neu formiert und in dieser Frage radikal positioniert: Menschen sind keine Ware!

  • EF
    Eine Frau

    ...ich verstehe nicht was da so schlimm ist ein einer Werbung, in der sich eine Frau in Bikini oder so ähnlich präsentiert.Die übertriebene Emanzipation -getue stellt keine Bezug zu Realität da, und da von den Kreisen, meist die große Kritik an zum Beispiel die Kirche ausgeht, dabei spielen sich solche Frauen auch wie Moralhüter auf. Frauenfeindlich ist was anders, Eine schöne Frau auf dem Poster oder bisschen Spaß ist nicht verkehr..Lieber gegen was wirklich schlimmes wie Frauenhandel zum Beispiel(In Deutschland wird das immer noch nicht angemessen verfolgt) die Energie investieren.

  • A
    Anna

    Man kommt sich fast so vor wie im prüden Amerika...

  • T
    TessMcLoud

    dank an die anwohnerin das sie solche herabwürdigende werbung nicht einfach stehen lässt sondern sich wehrt und öffentlichkeit herstellt

     

    """BGH, Urt. v. 5. 5. 1992 – X ZR 134/90 (OLG Frankfurt/M.) +

    Amtliche Leitsätze:

    1. Ein Inserat, das nach seinem objektiv erkennbaren Inhalt Gelegenheit zu entgeltlichen sexuellen Handlungen anbietet, verstößt gegen § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG. Nicht erforderlich ist, daß in dem Anzeigentext ausdrücklich für Prostitution geworben wird. Vielmehr genügt es, daß dem verständigen, nicht ganz lebensfremden Leser aus der Kontaktanzeige unter Berücksichtigung der Umstände das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen einer Gelegenheit zu entgeltlichen sexuellen Handlungen erkennbar ist.""""

     

    die HAW und die zuständigen Bezirksämter

    haben ausreichend rechtliche handhabe diese werbeplakate sofort von der strasse zu nehmen

     

    ob sie genug anstand u rückrat haben wird sich allerdings erst zeigen müssen