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■ NACHTS IM CINEMA:Sex, Crime & Österreich

Denken sie sich eine Mischung aus den Psychothrillern von Patricia Highsmith, dem im Kino gerade modischen Style der einsamen amerikanischen Highways und Diners und den Karikaturen von Manfred Deix. Dies sind die Bestandteile, aus denen der Österreicher Michael Schottenberg seinen ersten Spielfilm zusammengezimmert hat.

„Caracas“ heißt die abgelegene Tankstelle, in der Heinz Hopfer mit seiner Ehefrau Helga in schönster Kinotristesse unglücklich sind. Sie schläft aus Langeweile mit jedem Trucker, er züchtet Reptilien und weint große Krokodilstränen wegen einer plattgedrückten Kröte.

Zuerst quälen sich die beiden in langen Einstellungen durch ihr ödes Eheleben, doch dann entwickelt Herr Hopfner natürlich einen üblen Plan, bringt seine Frau um und findet sich in einem etwas holprig erzählten aber immer schneller werdenden Krimi wieder. Das kennen wir allerdings alles schon zur Genüge, und auch die Schlußpointe zündet nicht so richtig, weil man sie schon eine Viertelstunde zu früh riechen kann.

Aber das Neue in Schottenbergs Mischung sind die häßlichen Österreicher. Eine Freundin von dort hat einmal meine Begeisterungsreden über die Bilder von Manfred Deix mit der Bemerkung unterbrochen, er würde doch nur abmalen, was er tagtäglich sähe, denn so wären die Österreicher wirklich. Diesen bösen Blick auf seine Landsleute hat auch Schottenberg: Helga und Heinz Hopfner sehen so schlimm aus, wie sie heißen und auch alle anderen Filmfiguren sind grotesk, geschmacklos und auf eine grausame Art witzig.

Nur dieser Teil aus Schottenbergs merkwürdiger Mischung macht den Film interessant. Erst wenn die Hopfners ihre Tankstelle verlassen, erst wenn für wenige Filmminuten der Regisseur mal vergißt, mit den amerikanischen Genremythen und Klischees herumzuspielen, und einfach nur österreichischen Schmäh auf die Leinwand bringt, macht „Caracas“ wirklich Spaß. Wilfried Hippen

„Caracas“ von Michael Schottenberg im Cinema, täglich um 23.00 Uhr

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