: Sergej und die Pizza
■ Das Hin und Her um Sergej Bubka, den sowjetischen Weltrekordler im Stabhochsprung, scheint beendet
Frankfurt (dpa/taz) — Wer kriegt Sergej? lautete eine beliebte Preisfrage der letzen Monate. Im Februar hatte Rudi Thiel, renommierter Leichtathletik-Veranstalter und Manager des OSC Berlin den sowjetischen Stabhochsprung-Weltrekordler Sergej Bubka stolz als neuestes und gleichzeitig berühmtestes Mitglied seines Clubs vorgestellt.
Allein: Sergej kam nicht. Jede Menge Zeit ging ins Land, Gerüchte rankten munter vor sich hin, gemunkelt wurde vor allem von einem phänomenalen Angebot an Bubka aus Paris. Von Freiflügen war die Rede, einer Villa mit Swimming-Pool und Reiseerleichterungen, in gewissen Gegenden der Welt bekanntlich lange Zeit ein Zauberwort. Das Rennen für Paris schien gelaufen, doch unbarmherzig schlug Rudi Thiel zurück.
Am Rande des Europacups in Frankfurt lud er Bubka voll Tücke in eine Pizzeria ein. Wir wissen nicht, was auf dem Speiseplan stand, aber es muß exquisit gewesen sein, denn nicht einmal der Pariser Swimming-Pool konnte mehr mithalten. Nach der Pizza gab Rudi Thiel die Erklärung ab, daß Sergej Bubka nun endgültig für den Olympischen Sportclub (OSC) Berlin starten und für die deutsche Hauptstadt als »Olympia-Botschafter« werben wird.
Der 27jährige Weltrekord-Inhaber im Freien (6,08 m) und in der Halle (6,12) hat sich nach Angaben Thiels für Berlin entschieden, weil für ihn »bei realistischer Einschätzung der Möglichkeiten, des Umfeldes und der Atmosphäre keine andere als die deutsche Hauptstadt in Frage kommt«. Bubka habe bei der Pizzeria-Verhandlung auch erklärt: »Ich bin für die Olympischen Spiele im Jahr 2000 in Berlin.« Wenn man ihn wolle, sei er bereit, sich für die Stadt »als Olympia-Botschafter Berlins in aller Welt« einzusetzen.
Thiel betonte, daß eine Freigabe Bubkas durch den sowjetischen Verbandspräsidenten Igor Ter- Owanesian bereits vorliege. Bubka wird in Berlin zwei Wohnungen (ohne Swimming-Pool) für seine Familie inklusive dem stabhochspringenden Bruder Wassili und Trainer Jewgeni Wolobujew sowie ein Auto erhalten. Über die finanziellen Vereinbarungen schwieg sich Thiel aus.
Insbesondere soll in Berlin eine »Brüder-Bubka-Springerschule« eingerichtet werden. Sie soll von Wassili Bubka, dessen Bestleistung bei 5,86 m steht, und Wolobujew geleitet werden. »Mit der Nachwuchsförderung will Sergej Bubka auch den Olympia-Gedanken in Berlin anschieben«, sagte Thiel. Sergej Bubka wird angesichts eines prallvollen Terminkalenders zunächst nur sporadisch in Berlin — unter anderem zur endgültigen Vertragsunterzeichnung Ende Juli sowie zum Grand-Prix-Sportfest ISTAF am 10. September — sein, sich aber ab dem 11. November an der Spree mit dem Wintertraining auf die Olympischen Spiele in Barcelona vorbereiten.
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