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Serbenführer Karadžić macht einen Rückzieher

■ Der „Präsident“ der bosnischen Serben und mutmaßliche Kriegsverbrecher Karadžić soll zurückgetreten sein. Diplomaten sprechen von taktischem Schachzug

Belgrad/Pale (AFP) – Ein neuer Schachzug von Serbenführer Radovan Karadžić hat international für Verwirrung gesorgt. Nach Informationen der Nachrichtenagentur SRNA übertrug Karadžić am Samstag einen Teil seiner Befugnisse der als Hardlinerin geltenden Vizepräsidentin der Serbischen Republik in Bosnien, Biljana Plavsić. Der Wiederaufbau- Beauftragte Carl Bildt sagte, er rechne damit, daß der Serbenführer bald von der politischen Bühne verschwinde. Die Belgrader Nachrichtenagentur Tanjug berichtete sogar, Karadžić sei zum Rücktritt entschlossen. Diplomaten in Sarajevo bezweifelten jedoch, daß Karadžić sich tatsächlich zurückziehen wird. Zum Nachfolger des entlassenen Ministerpräsidenten Rajko Kasagić ernannte Karadžić den bislang weitgehend unbekannten Wirtschaftswissenschaftler Gojko Klicković.

„Die Situation ist noch nicht vollständig klar, aber ich glaube, daß wir Karadžić bald nicht mehr oft auf der politischen Bühne sehen werden“, sagte Bildt gestern nach Gesprächen in Belgrad und Pale. Diplomaten werteten den Schritt hingegen als taktisches Manöver: „Karadžić zieht sich scheinbar zurück, besetzt aber Schlüsselpositionen mit seinen eigenen Leuten. So kann er im Hintergrund noch besser die Fäden ziehen“, sagte ein Nato-Vertreter in Sarajevo. Diese Einschätzung teilte der bosnisch-serbische Oppositionspolitiker Miodrag Zivanović. Der serbische Präsident Slobodan Milošević habe zwar nach außen dem Drängen der internationalen Gemeinschaft nach Entmachtung Karadžićs nachgegeben. Tatsächlich habe Karadžić jedoch seine Position noch ausgebaut, „weil jetzt Vizepräsidentin Plavsić im Rampenlicht steht und Karadžić die Hände frei hat“.

Die bosnische Regierung erklärte gestern, sie hoffe, daß der Rückzug des Serbenführers nicht Teil eines „Kuhhandels mit der internationalen Gemeinschaft ist, die es dem Serbenführer erlaubt, hinter den Kulissen weiter aktiv zu sein“. Außenminister Klaus Kinkel (FDP) forderte gestern in einem Zeitungsbeitrag die Ausstellung eines internationalen Haftbefehls gegen die mutmaßlichen Kriegsverbrecher Karadžić und Armeechef Mladić.

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