: Serben räumen Tod Tausender Muslime ein
■ Bosnisch-serbische Polizisten dürfen trotz Dayton-Abkommen in Sarajevo bleiben
Bratunac/Berlin (AFP/taz) – Mehrere tausend seit der Eroberung der früheren UN-Schutzzone Srebrenica vermißte bosnische Muslime sind nach den Worten der UN-Sonderberichterstatterin Elizabeth Rehn tot. Rehn sagte gestern in Bratunac, der hochrangige serbische Funktionär Mireslav Deronic habe ihr gegenüber eingeräumt, die Muslime seien „bei Kämpfen getötet“ und „in der Umgebung von Srebrenica begraben“ worden.
Deronic habe aber nicht Berichte bestätigt, denen zufolge die zumeist männlichen Muslime zusammengetrieben und regelrecht hingerichtet wurden. Auch die Existenz von Massengräbern habe er nicht bestätigt. Die UNO will eine Kommission aus Vertretern aller Konfliktparteien in Exjugoslawien einrichten, die die Schicksale Tausender Vermißter in Bosnien und Kroatien möglichst schnell klären soll. Das einstmals überwiegend von Muslimen bewohnte Srebrenica in Ostbosnien war im Juli 1995 von Serben erobert worden.
Unterdessen dürfen bosnisch-serbische Polizisten trotz Ablauf der Frist für den Rückzug aller Truppen in den serbischen Stadtvierteln Sarajevos bleiben. Mit dieser Entscheidung haben Ifor-Kommandeur Admiral Leighton Smith und der hohe Vertreter für Zivilangelegenheiten, Carl Bildt, eine umstrittene Passage des Dayton-Vertrages zugunsten der bosnischen Serben ausgelegt. Der bosnische Präsident Alija Izetbegović verurteilte die Entscheidung als „illegal“. Nach einem Treffen mit US-Außenminister Warren Christopher sagte Izetbegović, es sei eine „falsche Auslegung“ des Dayton-Abkommens, wenn serbische Polizisten noch weitere 45 Tage in Sarajevo bleiben können.
Nach den Vereinbarungen von Dayton hätten am vergangenen Samstag sämtliche Truppen aus den Gebieten abgezogen werden müssen, die am 20. März an die Muslimisch-Kroatische-Föderation übergeben werden. Notfalls würde diese Bestimmung mit „militärischen Mitteln“, einschließlich „militärischer Gewalt“, durchgesetzt werden, heißt es im militärischen Anhang des Dayton-Abkommens, für den sich Ifor bisher ausdrücklich verantwortlich erklärt hat. Nicht eindeutig geregelt hatte der Vertrag jedoch, ob die serbische Polizei als militärische Truppe gilt und damit unter diese Bestimmungen fällt. Als Grenzpolizei unterstehen die serbischen Polizisten in Sarajevo nicht den lokalen Behörden, sondern einem militärischen Kommando in Pale. Kommentar Seite 10
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