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Serben lassen sich nicht einschüchtern

■ UNO-Konvoi nach Gorazde beschossen/ Pläne für Nato-Einsatz sollen bis 24.August ausgearbeitet werden/ Dumas beklagt „mangelnden Enthusiasmus“ bei Umsetzung der UNO-Resolution

Belgrad (AFP/dpa/taz) — Als „Test für die Wirksamkeit der UNO- Resolution“ war die Fahrt eines UNO-Hilfskonvois in die umkämpfte bosnische Stadt Gorazde bezeichnet worden. Doch auch wenn die acht Lastwagen am Samstag abend die seit rund drei Monaten eingeschlossene Stadt erreichen konnten, als besonders gelungenes Beispiel für die „Einschüchterung“ der Serben durch die Drohgebärden der Vereinten Nationen kann der Konvoi sicher nicht gelten: Bereits bei der Fahrt nach Gorazde wurde er wiederholt beschossen und zu einem mehrstündigen Aufenthalt gezwungen, bei der Rückfahrt wurden die Lastwagen an einer verminten Brücke aufgehalten und mußten von drei Schützenpanzern und Minenexperten „befreit“ werden. Und schließlich: Wenige Stunden, nachdem die Hilfsgüter in Lagerhallen verstaut worden waren, wurden diese von den serbischen Belagerern in Brand geschossen. Über die Art und Weise eines möglichen internationalen Militäreinsatzes in Bosnien- Herzegowina herrschte jedoch auch am Wochenende Unklarheit. So hatten sich die NATO-Staaten am Freitag abend in Brüssel nicht festgelegt, wie die UN-Resolution 770 zum Schutz der humanitären Hilfsaktionen am wirkungsvollsten umgesetzt werden kann. Die NATO-Zentrale wurde nun jedoch immerhin damit beauftragt, bis zum 24.August verschiedene Optionen für den militärischen Schutz im Detail auszuarbeiten.

Über einen „mangelnden Enthusiasmus“ der Partnerländer Frankreichs in bezug auf den Einsatz militärischer Mittel in Bosnien beklagte sich der französische Außenminister Dumas. Allerdings sei es „nie eine leichte Sache, eine Armee in den Kampf ins Ausland zu schicken.“

Eine Entsendung internationaler Truppen zum Schutz der UNO-Konvois ist nach Ansicht von Radovan Karadzic überflüssig. Auf der 13. Plenarsitzung der Jugoslawien-Konferenz stellte der Serbenführer selbstsicher fest, daß er für die Öffnung von Korridoren für Hilfslieferungen nach Sarajevo persönlich sorgen werde. Der erneute Anlauf zu einer Vermittlung zwischen den Konfliktparteien unter Ägide der EG endete ansonsten jedoch ergebnislos. Das Treffen war von vornherein zum Scheitern verurteilt, nachdem die Präsidenten Serbiens und Montenegros nicht nach Brüssel gekommen waren. Der EG-Vermittler für Jugoslawien, Lord Carrington, zeigte sich allerdings zuversichtlich, daß beide an der internationalen Konferenz über Jugoslawien Ende August in London teilnehmen wird. Neben der UNO-Menschenrechtskommission hat auch die KSZE die Entsendung einer Beobachtermission in die Internierungslager beschlossen. Zudem erklärte die Konferenz ihre Bereitschaft, die UNO bei Friedensoperationen zu unterstützen. Dazu gehöre auch der Schutz von Hilfstransporten.

Kontaktmann rettete eigene Kinder

Die umstrittene Rettungsaktion bosnischer Kinder nach Sachsen-Anhalt hat der Repräsentant der „Kinderbotschaft“, Drago Bozja, zur Evakuierung seiner eigenen Familie aus Sarajevo benutzt. Wie jetzt von einem der Initiatoren der Aktion, dem Landtagsabgeordneten Jürgen Angelbeck bestätigt wurde, habe der Bus erst abfahren dürfen, als in die Ausreise der Familie Bozjas eingewilligt worden sei. Ihr Name stand mit auf der von dem Waisenhaus in Sarajevo erstellten Ausreiseliste.

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