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Senkung der SozialausgabenRösler tritt aufs Gas

Kaum hat das Kabinett Steuersenkungen ab 2013 beschlossen, prescht der Wirtschaftsminister vor. Philipp Rösler will die Sozialausgaben schon 2012 senken.

Rösler: "Steuersenkungen für kleinere und mittlere Einkommen werden sich Länder nicht verweigern können." Bild: dpa

BERLIN dapd/dpa | Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler macht sich nicht nur für eine Steuerentlastung stark, sondern auch für eine Senkung der Lohnnebenkosten. "Wir wollen auch die Lohnnebenkosten senken. Auch dafür gibt es Spielräume. Eine Entlastung bei den Sozialabgaben ist schon ab 2012 möglich", sagte der FDP-Chef der Passauer Neuen Presse. "Diese Chance sollten wir nutzen."

"Bevor der Bundeshaushalt 2012 im Bundestag verabschiedet wird, wird Klarheit herrschen über die Höhe und die Details der Entlastungen", verspricht Rösler. Er geht davon aus, dass die Liberalen den Widerstand der Länder aufbrechen können. "Einer Entlastung der kleineren und mittleren Einkommen werden sich die Länder nicht verweigern können", prognostiziert der Minister. Einzelne Ministerpräsidenten wie der rheinland-pfälzische Regierungschef Kurt Beck (SPD) signalisierten bereits grundsätzliche Zustimmung.

Die Vorsitzenden der Koalitionsparteien CDU, CSU und FDP, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Ministerpräsident Horst Seehofer und Rösler, hatten in ihrer Ankündigung von Steuersenkungen zwar auch niedrigere Sozialversicherungsbeiträge versprochen - aber ohne Zeitangabe. Das Bundeskabinett hatte die Entlastungspläne am Mittwoch "zur Kenntnis" genommen. Die Kritik an den Plänen reißt indes nicht ab. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ließ am Mittwochabend im ZDF heute journal weiter Skepsis erkennen. Details sollten im Herbst verkündet werden, bekräftigte er. Vorrangig angegangen werden solle das Problem der sogenannten Kalten Steuerprogression. Der Begriff meint, dass Lohnerhöhungen durch die automatische Steuererhöhung netto aufgefressen werden können und deshalb unter Umständen nicht einmal die Inflation ausgleichen. Dagegen müsse etwas getan werden, darin stimme die Regierung überein, sagte Schäuble.

Der schleswig-holsteinische Regierungschef Peter-Harry Carstensen (CDU) bekräftigte sein Nein zu den geplanten Steuerentlastungen. "Ein Land wie Schleswig-Holstein kann sich Steuersenkungen nicht leisten", sagte er der Bild-Zeitung. Auch Kompensationen durch den Bund würden daran langfristig nichts ändern. "Deshalb schließe ich eine Zustimmung Schleswig-Holsteins im Bundesrat zu Steuersenkungen aus", erklärte der CDU-Politiker.

Der FDP-Haushaltsexperte Jürgen Koppelin drohte mit einer Blockade des Bundeshaushalts, sollten CDU und CSU ihrerseits die in Aussicht gestellten Entlastungen ablehnen. "Die FDP wird Entscheidungen über den Bundeshaushalt mit Steuersenkungen verknüpfen. Ohne grünes Licht für die Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen wird eine Zustimmung der Liberalen zum Haushalt schwer", sagte er der Bild-Zeitung.

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10 Kommentare

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  • N
    Nordwind

    @Rasenmäher

    "Leider fehlt der Linken hier die Freiheit des Denkens."

     

    Wow, welch ein Pathos. Nur gut das die Linken wissen das Rasenmäher weder frei sind noch denken können.

    In dieser Republik gibt es genügend Geld um ein gesundes und umfassendes Sozialsystem wieder aufzubauen und zu erhalten. Werfen Sie mal einen Blick auf die Reichtumsuhr und vergleichen diese mit der Schuldenuhr.

  • R
    Rasenmäher

    Was wir brauchen ist endlich ein Ende des Umverteilungswahnsinns.

     

    Die arbeitende Bevölkerung führt Abgaben in exorbitanter Höhe ab, nur um dann noch für jede Kleinigkeit bei Zahnarzt und Arzt noch zuzahlen zu müssen.

     

    Es ist einfach nicht mehr vermittelbar wieso Arbeitslose von der arbeitenden Bevölkerung finanziert werden und am Ende noch weitaus besser dastehen.

  • D
    daweed

    @Rasenmäher: Wenn du argumentieren würdest, also Gründe aufführen könntest, wie wir unsere sozialen Sicherungssysteme umgestalten könnten um allen zu helfen.

     

    Dann würde man dich vielleicht ernst nehmen.

     

    Leider ist der oft kommunizierte Weg, der Verkleinerung der Sozialsystem, in den letzten Wahlperioden zu oft auf die Kosten aller Bürger umgestaltet worden.

     

    Siehe UNO-Bericht von gestern, den das Familienministerium als realitätsfremd abstempelt. Leider zeigt die Gutschein-Aktion genau das Gegenteil...

  • R
    Rasenmäher

    Das kann man nur hoffen. Der Sozialetat in Deutschland ist hoffnungslos aufgebläht. Sozialausgaben und -beiträge müssen deutlich gesenkt werden.

     

    Leider kapieren Linke nicht wieso dies nötig ist. Wer heute den Sozialstaat nicht reformieren will, der akzeptiert, dass es ihn in wenigen Jahre nicht mehr gibt. Leider fehlt der Linken hier die Freiheit des Denkens.

  • K
    Kati

    Die wollen die Sozialausgaben senken...die Arbeitgeber profitieren, die Arbeitnehmer nur Vordergründig. Bald fehlt das Geld...und dann kann die Regierung eben nix machen weil eben das Geld fehlt...und dann sollen sich die Leute für den Rest, der dann fehlt (in der Krankenkasse, in der Rentenversicherung) gefälligst selber versichern. Der neoliberale Umbau, zu höchster Blüte getrieben von SPD und GRÜNEN 1998 bis 2005, geht weiter.Stellt die Steuer- und Sozialgesetzgebung aus der Zeit vor 1998 wieder her, sonst geht dieses gewollte auseinanderdriften zwischen den Vermögenden und den Normalos immer schneller.

  • A
    Annelies

    Die größte Steuersenkung für die obere Parallelgesellschaft fand 1986 statt, durch die Abschaffung der Vermögenssteuer unter der Regentschaft von Bundeskanzler Helmut Kohl. Dann folgten weitere kleinere Steuersenkungen im neoliberalen Sinne, auch "Entlastungen der Unternehmen" genannt.

     

    Eine Entlastung der niedrigen, kleinen und mittleren Einkommen findet dann statt, wenn die Arbeitgeber wieder paritätisch an sämtlichen Sozialversicherungen beteiligt werden, nämlich zu 50 %! Die Arbeitgeberanteile wurden jedoch unter neoliberaler Direktive eingefroren und alle darüber hinaus gehenden Sozialversicherungsanteile einschließlich privater Zusatzversicherungen wurden den Arbeitnehmern bzw. Verbrauchern aufgebürdet. Diese steigen immer weiter an. Ein großer Teil der armen Bevölkerung kann sich soundso keine Zusatzversicherungen mehr leisten.

     

    Zukünftige Generationen entlasten? Die heutigen Generationen leben aber jetzt, nämlich Babys, Kleinkinder, Jugendliche, junge Erwachsene, mittlere und ältere Erwachsene und die ganz Alten, die immer stärker in die Altersarmut getrieben werden. Die Entscheidungen die von den heutigen Generationen getroffen werden, strahlen auf die zukünftigen Generationen aus. Nichts da mehr mit "Generationenvertrag". Die Jungen werden gegen die Alten ausgespielt und damit entsolidarisiert. Das ist d i e Belastung für folgende Generationen. Die Entsolidarisierung der Gesellschaft mit weiterem Aufbau der "Ellenbogengesellschaft".

  • D
    daweed

    wieso begreifts die FDP nicht?

     

    Erst wollte man, mit Rösler einen sozial angehauchten Liberalismus fördern. Eine gefühlte Woche später wird die Steuersenkung zum Hauptthema. (gab es jemals ein anderes?)

     

    Die Senkung der Lohnnebenkosten, wird dann als Bedingung zur Verabschiedung des Haushalts angeführt. Das die CDU den Haushalt auch ohne die FDP beschliessen kann, kommt den Ministern nicht in den Sinn.

     

    Darüber hinnaus zeigt sich die Verweigerung des Regieren auch an den Plänen vom Finanzministerium die nächstes Jahr durch weitere Privatisierungen in Höhe von 5 Milliarden einnehmen wollen!

     

    Das dadurch dauerhaft sichere Einnahmen dem Bund entgehen, das merkt der Wähler hoffentlich nicht.

  • N
    NADI

    Das Ganze riecht nach Neuwahlen. Letztlich hat die FDP ihren Verstand verloren und fordert irgendwas. Und vor Kurzem wurde ja noch massiv bei Arbeitslosen gespart, jetzt sollen Steuern und Sozialausgaben gesenkt werden.

    Nur: Das kann sich dieses Land nicht leisten, haben ja selbst ein paar in der CDU gemerkt.

  • H
    Hasso

    Rösler ist ein Geisterfahrer! Durch die Steuersenkung fehlt den Kommunen wieder Geld, dass dann wieder bei der sogenannten Unterschicht abgezwackt wird. "Wenn aus Mist was wird, dann beginnt er zu stinken"!Tretet dieser Gaukler-Partei bei der nächsten Bundestagswahl in den Allerwertesten.

  • E
    Eugen

    Ich kann dieses Gewäsch nicht mehr hören: Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen! 1. Kleine Einkommen werden großteils überhaupt nicht mehr besteuert, Bezieher kleiner Einkommen werden also überhaupt nicht entlastet. 2. Die Entlastung der restlichen kleinen und der mittleren Einkommen gilt natürlich in exakt dem gleichen Umfang auch für alle hohen Einkommen zu! Den Euro, den der mittlere Einkommensempfänger weniger zahlt, zahlt natürlich auch der Großvediener, einschließlich Millionäre, weniger.

    Als Entlastungsmaßnahme für Klein- und Mittelverdiener also ein sehr ineffizientes Mittel!