Vorstellung des Haushalts 2012: Schäuble bremst Steuersenker

Das Kabinett nickt Steuersenkungen ab, doch die Beschlüsse sind schwammig. Der Finanzminister stemmt sich strategisch geschickt dagegen, sehr zum Ärger der FDP.

Wolfgang Schäuble will statt über Steuersenkungen lieber über den Haushalt reden. Bild: dapd

BERLIN taz | Wolfgang Schäuble wirkt genervt. "Es ist langsam etwas ermüdend", sagt der Bundesfinanzminister. Eigentlich will der CDU-Politiker den Haushalt 2012 vorstellen, einen guten Haushalt. Doch wieder wollen die Journalisten am Mittwoch in der Bundespressekonferenz nur Neues zu Steuersenkungen wissen.

Schäuble spielt die entscheidende Rolle in dem Pokerspiel. Während die FDP in Euphorie schwelgt, verbreitet Schäuble gezielt schlechte Laune. Woche für Woche gibt er Interviews, in denen er zur Disziplin mahnt. Zum Sparen. Seit vor gut zwei Wochen der neueste Vorstoß zu Steuersenkungen ungeplant an die Öffentlichkeit kam, hat er die Interview-Taktzahl noch erhöht.

Auch in den Papieren zum am Mittwoch vom Kabinett beschlossenen Haushalt steht wieder der entscheidende Satz: "Wenn überhaupt, besteht nur ein sehr begrenzter Spielraum für mittel- und langfristig wirkende strukturelle Belastungen." Das zielt auf die FDP, die hofft, nach der Einigung der drei Parteivorsitzenden Nachlässe bei der Einkommensteuer durchzusetzen. Schäuble dimmt diese Hoffnung gezielt herunter.

Das Kabinett hat am Mittwoch den Dreiklang, den die Vorsitzenden Angela Merkel, Philipp Rösler (FDP) und Horst Seehofer (CSU) verabredet haben, zur Kenntnis genommen: Steuersenkungen, Nachlässe bei Sozialbeiträgen und die Abschaffung der kalten Progression. Schäuble redet nur über Letzteres, ein Vorhaben, das selbst in der Opposition Unterstützer findet. Wenn Gehälter parallel zur Inflationsrate steigen, rutschen Arbeitnehmer automatisch in höhere Einkommensteuersätze, zahlen also mehr an den Staat - und können sich real weniger kaufen. "Das kann man nun als Senkung bezeichnen oder aber als Korrektur nicht gewollter Steuererhöhungen", sagt Schäuble.

Die FDP bringt die Abschaffung des Soli ins Gespräch

Dass er das Wort "Steuersenkung" meidet, muss für die FDP provozierend wirken. Steuersenkungen seien eine "Entscheidung der ökonomischen Vernunft", betont Philipp Rösler. Er stichelte in Interviews gegen seinen Lieblingsfeind Schäuble, er gibt sich nach dem Chefbeschluss siegesgewiss. Doch der Kampf fängt gerade erst an.

Denn der Beschluss der Parteichefs ist derart wolkig, dass er alle Interpretationen zulässt. Der darum entbrannte Streit hilft Schäuble. Gerüchte über Sparvorschläge zur Gegenfinanzierung des Pakets, die sein Ministerium angeblich erarbeitet hat, bezeichnet Schäuble als "völlig frei erfunden". Sein Ministerium muss auch keine machen. Die Länder werden nie einem Paket zustimmen, das für sie Einnahmeausfälle bedeutet, Kurt Beck, SPD-Regierungschef von Rheinland-Pfalz, fordert bereits einen höheren Spitzensteuersatz.

Weil die FDP fürchtet, dass ihr Sieg im Bundesrat geschreddert werden könnte, bringt FDP-Haushaltsexperte Hermann Otto Solms bereits die Kürzung des Solidarzuschlags ins Spiel - das geht ohne Länderkammer. Hier zieht Schäuble kühl eine Linie: Wie man mit dem Solidarzuschlag ernsthaft kalte Progression bekämpfen will, "das übersteigt meine Vorstellungskraft".

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