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Senator werden ist nicht schwer ...

■ Wie bilden Sie sich fort, Herr Senator? / Umfrage unter Bremer Regierenden / Ergebnis: Learning by doing

Senator ist bekanntlich kein Lehrberuf. Doch haben SenatorInnen, um diesen Mangel wettzumachen, ein Recht auf Bildungsurlaub? Gar auf Supervision? Was tun sie, um sich weiterzubilden?? Machen sie „Inner Ski“ in Sankt Moritz? Lernen sie Schutzgasschweißen, den Umgang mit Banken, Atemtechnik oder Lohn- und Gehaltsabrechnung?

Björn Engholm in Schleswig- Holstein machte es vor. Bei seinem Amtsantritt verordnete er allen Kabinettsmitgliedern die „Erweiterung ihres Gesichtskreises“: Und so verbrachte Finanzministerin Heide Simonis einen Tag in der Grundschule auf dem platten Land und Sozialminister Günther Jansen hospitierte bei einer Lokalzeitung und verfaßte seine erste Meldung.

Und die Bremer Regierenden? „Ein Senator macht tagtäglich Fortbildung“ behauptet unser innerster Regierender,

Wieviel Bildung (v)erträgt ein SenatorInnenkopf?

Friedrich van Nispen. Durch seinen zweijährigen Kurs für Führungskräfte, den er als Senatsdirektor absolviert hat, fühlt sich der Herr fürs Innere für sein hohes Amt „einigermaßen präpariert“. Wenn er doch einmal in die Verlegenheit kommen sollte, Bildungsurlaub zu machen, würde er „gern mal in ein Unternehmen reinriechen, wie dort Probleme gemanaget werden.“

„Learning by doing“ ist auch die Devise von Finanzsenator

Kröning, sagt sein Referent Jürgen Hartwig. Dennoch trage sich sein Senator jetzt mit dem Gedanken, einen EDV-Kurs mitzumachen. Da könnte er sich mit seiner Kollegin Sabine Uhl zusammentun, die will das nämlich auch lernen — „wenn ihre Zeit das erlauben würde“, schränkt Pressesprecher Henschen ein.

Auch der Bausenatorin fehlt „schlicht die Zeit“, um sich fortzubilden. Ob sie eine Senatoren- Schulung in Sachen Menschen

führung oder Rhetorik für nötig halte? „Das hab' ich drauf“, versichert die SPD-Genossin. Allerdings: „Meine Stimme sitzt zu tief und zu weit hinten. Ich müßte mal Zeit für einen Logopäden haben, das wär eine feine Sache.“ Und wie wärs mit Bildungsurlaub? „Wenn es nichts mit Politik zu tun hat“, Kunst, oder „etwas ganz ruhiges“, Entspannungstechniken wie Yoga.

Gesundheits-und Sozialsenatorin Irmgard Gaertner bildet sich „immer noch, leider aber viel zu wenig“ durch das Studium von Fachliteratur fort. Sie zumindest hält Fortbildung für „elementar wichtig“, für große Organisationen — egal ob privat oder öffentlich — gar „lebenswichtig.“

Lesend und durch das tägliche Geschäft bildet sich auch Senatspräsident Klaus Wedemeier weiter. Was er liest, wurde nicht verraten. Genaueres weiß man aber von Dieter Klink, dem Präsidenten der Bürgerschaft. Der liest nach Auskunft seines Pressesprechers Hermann Kleen „ganze Berge von Büchern“, vor allem politische Literatur und historische Wälzer — nur die Technik komme bei ihm ein bißchen zu kurz. Unser oberster Städteplaner, Ralf Fücks, hat seinen letzten Bildungsurlaub nicht als Teilnehmer, sondern als Ausrichter absolviert. Er tendiert in seiner freien Zeit zu „mehr Bildung als Urlaub“.

Häfensenator Uwe Beckmeyer bekennt freimütig, er habe noch nie Bildungsurlaub genommen, „jedenfalls nicht im Sinne des bremischen Weiterbildungsgesetzes“. Der gelernte Lehrer hält Weiterbildung nur zum Thema „Umgang mit Journalisten“ für nötig. Und wenn Reisen tatsächlich bildet, ist er sowieso der Gebildetste von allen. dir/mad/ra

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