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■ Senat will wählen lassenDemokratie, 2. Wahl

Demokratie ist mehr, als der Innensenator und seine Winkeladvokaten erlauben. Das machten in den letzten zwei Wochen mehrere Bezirksparlamente klar, als sie PDS-Bürgermeister wählten. Da war die antikommunistische Wunderwaffe Zählgemeinschaft plötzlich stumpf geworden, mit der Innensenator Heckelmann seit den Kommunalwahlen 1992 die PDS aus den Bezirksämtern fernhalten wollte. Doch die verwaltungsmäßige Trickserei, die eigentlich die PDS aushebeln sollte, ist inzwischen zu einem demokratiegefährdenden Selbstläufer geworden.

Der sich anbahnende Konflikt um die Wahl des Bürgermeisters in Prenzlauer Berg wird deswegen zum Lehrstück in Sachen demokratische Selbstbestimmung. Für den Senat soll in den Bezirken offenbar eine Demokratie minderer Qualität gelten. Einem Bürgermeister die Anerkennung versagen zu wollen, weil der bei der Wahl einen Gegenkandidaten hatte, das hat Züge einer realsozialistischen Klamotte.

Die Vorschrift, nur eine Zählgemeinschaft habe das alleinige Recht, einen Kandidaten aufzustellen, ist ausschließlich aus politischen Gründen und mit eindeutiger Absicht zusamengebastelt worden. Deswegen ist dies eine politische Frage, nicht eine juristische. Sich als Innenverwaltung auf Gerichtsurteile zurückzuziehen, die ein solches Verbot von Gegenkandidaturen rechtfertigt, soll nur ablenken. Die angeblichen Unklarheiten beim Wahlverfahren lassen sich leicht beseitigen, das weiß auch Heckelmanns Truppe. Mit welchen Winkelzügen die CDU hantiert, ist ein Fall für das Abgeordnetenhaus. Wie Demokratie buchstabiert wird, daran sollten nicht nur die Grünen und die PDS, sondern auch die SPD ein gewisses Interesse haben. Gerd Nowakowski

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