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Senat will Volksbegehren ablehnen

■ Der schleswig-holsteinische Gesetzestext gegen die Rechtschreibreform gilt in Bremen als verfassungswidrig / Jetzt muß der hiesige Staatsgerichtshof über das Vorhaben entscheiden

„In den Schulen wird die allgemein übliche Rechtschreibung unterrichtet. Als allgemein üblich gilt diejenige Rechtschreibung, wie sie in der Bevölkerung seit langem anerkannt und in der Mehrzahl der lieferbaren Bücher verwandt wird.“ Diese beiden Sätze stehen in Schleswig-Holstein, nachdem sie durch einen Volksentscheid beschlossen wurden, im Schulgesetz. In Bremen sollten sie Kernsätze eines Volksentscheids werden. Der Bremer Senat wird dies aber heute ablehnen mit der Begründung, solche Sätze in einem Bremer Gesetz wären verfassungswidrig.

„Der Entwurf ist unklar“, haben die Juristen aus dem Justiz- und dem Bildungsressort in die Begründung der Ablehnung geschrieben, die der taz vorliegt. „Sein Wortlaut läßt in sich widersprüchliche Interpretationen zu.“ Für die Bevölkerung sei bei einer Abstimmung nicht klar, was gemeint ist.

In Schleswig-Holstein hatte sich daran niemand gestoßen, und alle fanden klar, worum es da ging: die Ablehnung der neuen Rechtschreibung. Wenn die Formulierung schlicht „Wir lehnen die Rechtschreibreform ab“ gewesen wäre, erklärt der geistige Vater des erfolgreichen schleswig-holsteinischen Volksentscheids, der Kleinverleger Matthias Dräger, dann hätten die Politiker vielleicht ein halbes Jahr später eine neue Rechtschreibreform beschlossen. Um dies zu verhindern, war eine grundsätzliche Formulierung gewählt worden. Dräger hatte die Bremer Initiative beraten und war davon ausgegangen, daß in Bremen nicht verfassungswidrig sein kann, was in Kiel Gesetz ist und in Niedersachsen als Formulierung für einen Volksentscheid anerkannt wurde.

Das sehen aber Bremens Staats-Juristen – und nicht nur sie übrigens – anders. Eine „allgemein übliche“ Rechtschreibung gebe es nicht mehr, sondern „es bestehen zwei Rechtschreibungen nebeneinander“, steht als Argumentationshilfe in der Senatsvorlage. Das Kriterium „Mehrzahl der lieferbaren Bücher“ sei, seitdem die ersten Verlage umgestellt haben, genauso unbestimmt wie die Formel „seit langem anerkannt“. Anerkannt sei die alte Rechtschreibung nicht mehr, sondern reformbedürftig.

Der Bremer Senat will das Volksbegehren Rechtschreibreform heute daher an den Bremer Staatsgerichtshof verweisen. Der müßte dann über die Verfassungsmäßigkeit entscheiden. „Wir werden auf jeden Fall weitermachen“, sagt Gerold Fuchs, AfB-Abgeordneter und einer der Aktiven der Initiative gegen die Rechtschreibreform, zu der erwarteten Ablehnung. Falls der Staatsgerichtshof der Auffassung des Senats folgt, werde man eben eine neue Formulierung wählen – und neu sammeln. „Die Bereitschaft, zu unterschreiben, ist riesig. Wir müssen an den Ständen überhaupt nichts mehr erklären, die Leute stellen sich in der Schlange an, um gegen die Rechtschreibreform zu unterschreiben“, ist die Erfahrung von Fuchs.

Verleger Dräger versteht zudem das Landesrecht nicht: „Die sollen sich überlegen, ob sie nicht den Passus mit dem Volksbegehren ganz aus der Verfassung streichen, wenn sie jedes ablehnen.“ K.W.

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