: Senat trickst beim Gästehaus-Abriß
■ Kaufvertrag enthält Passus, der den Abriß ausschließt / Baubehörde interessiert das nicht
„Der Zug ist längst abgefahren“ - so war die Stimmung bei vielen, wenn die Sprache auf das ehemalige Senats-Gästehaus an der Parkallee kam. Nach dem Verkauf der alten Villa an die Maritim-Gruppe, die auch künftig Ratskeller und Kongreßzentrum betreiben wird, schien alles auf einen Abriß des bauhistorisch interessanten Gebäudes hinzudeuten. Maritim hatte eine Abrißgenehmigung beantragt, um dort 14 Eigentumswohnungen hochzuziehen. In der Baubehörde hatte man zu verstehen gegeben, daß
Bremen kaum eine Möglichkeit habe, den Abriß zu verhindern.
Gegen den Ausverkauf des baulichen Kulturguts überreichten gestern in der Bürgerschaft Mitglieder der „Initiative zum Erhalt des Senats-Gästehauses“, einem Zusammenschluß von ExpertInnen von „Bremer Haus“, „Bauernhaus“ und „Planungswerkstatt“ sowie PolitikerInnnen von Grünen, CDU und FDP, 1.500 Unterschriften. Senatssprecher Reinhold Ostendorf, der artig die Bürgerwünsche zur Kenntnis nahm, hatte gerade an
gesetzt, auf den eigentlichen Adressaten, die Maritim-Gruppe zu verweisen, da kam Leben in die Runde. Zum Erstaunen auch der „Initiative“ präsentierte der CDU-Abgeordnete Günter Klein den Kaufvertrag zwischen Finanzsenator und Maritim. Und dort stand geschrieben, was sozialdemokratische Politiker, die es hätten besser wissen müssen, bislang abstritten und was der Stadt eine ganz andere Position zur Verhinderung des Abrisses an die Hand gibt.
Ihm sei „das Gesicht stehen ge
blieben“, berichtete Klein, als er den Grundstücksvertrag gelesen habe. Dort steht unter Paragraph 1: „Die Verkäuferin (die Stadt, d.Red.) geht davon aus, daß die Käuferin (Maritim, d.Red.) das auf dem verkauften Grundstück befindliche Gelände seiner historisch Bedeutung entsprechend pfleglich behandeln wird“. Ein Passus, wie ihn sinngemäß auch der Grundstücksausschuß der Bürgerschaft, dessen stellvertretender Vorsitzender Klein ist, gefordert hatte und wie er laut Auskunft von Finanzsenator Grobecker und Bau -Senatsdirektor Osthaus an Klein und den FDP -Fraktionsvorsitzenden Jäger nicht in den Kaufvertrag übernommen werden konnte. „Irgendwie trickst da doch einer“, kommentierten Klein und Jäger.
Die „moralische“ und rechtliche Bindung des Vertrages spiele für ihn „keine Rolle“, so Senatsdirektor Osthaus gestern nachmittag. Für das Baugenehmigungsverfahren, in dem über den beantragten Abriß beschieden wird, beinhalte sein „Handlungsspielraum“ solche privatrechtlichen Verpflichtungen nicht. „Merkwürdig“ - befand Günter Klein diese Haltung.
Andreas Hoetzel
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