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Selbsthilfe: 10 Millionen fehlen

■ Im Selbsthilfetopf wird es 1994 noch enger / Projektevertreter debattierten Perspektiven

„Kleine Selbsthilfe-Initiativen werden in den nächsten Jahren als erste über die Klinge springen!“ Dieses Fazit zog am Freitag Anja Blumenberg vom 'Netzwerk Selbsthilfe' auf einer Podiumsdiskussion im Rahmen der 'Vierten Bremer Selbsthilfetage' des 'Bremer Topfes'. Thema des Abends im Bürgerhaus Weserterrassen: „Zwischen Staat und Kommerz - Welche Zukunft haben Selbstorganisierte Projekte in Bremen?“ An der Diskussion beteiligten sich fünf VertreterInnen von Behörden, Verbänden und Inititiativen.

Anlaß der Diskussion ist das Fehlen von rund zehn Mio. Mark zur Finanzierung von Bürgerprojekten im Bremer Haushaltsentwurf. Dies wird im nächsten Jahr rund 70 Initiativen den Kopf kosten, machte Uwe Wischer vom Senator für Gesundheit, Jugend und Soziales, klar. Holger Aebker von der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) warf den Behörden vor, bei den Streichungen im sozialen Bereich nach dem 'Rasenmäherprinzip' vorzugehen: Sinnvolle Bürgerprojekte würden genauso den Streichungen anheimgegeben wie überflüssige Initiativen.

Angesichts der schlechten Finanzsituation Bremens, regte Karoline Linnert von den Grünen an, müsse eine Debatte entfacht werden: Welche Grundversorgung an wohlfahrtsstaatlichen Angeboten brauchen wir? Erst nach dieser Auseinandersetzung könnten gezielt Selbsthilfe-Gruppen gefördert werden.

So gehöre beispielsweise eine Schuldnerberatung zum Standard städtischer Dienstleistungen, meinte Aebker. Jobst Pagel vom Bremer Gesundheitsladen ging noch einen Schritt weiter und forderte, nicht nur die Öffentlichen Haushalte, sondern auch die großen Sozialverbände wie Kirchen, Wohlfahrtsverbände und Krankenkassen in die (finanzielle) Pflicht zu nehmen. Sich selbst aus Einnahmen zu finanzieren, dürfte den meisten Selbstorganisierten Projekten schwerfallen.

e leisteten aber respektable Arbeit.Schließlich sind die rund 240 Selbstorganisierten Projekte in Bremen mit dem Ziel angetreten, Dienstleistungen anzubieten, die über das Angebot des Öffentlichen Dienstes hinausgehen. So glätten zum Beispiel Drogen- Projekte nicht nur die Mängel des Öffentlichen Dienstes, sondern setzen darüber hinaus andere Gesellschaftkonzepte für Randgruppen in die Tat um. Mit einer staatlichen Unterstützung würden sich die Projekte ihrer Unabhängigkeit begeben.

Am Öffentlichen Dienst bemängelte Gewerkschafter Aebker, daß eine Reform hin zu größerer Bürgernähe zwar wünschenswert, jedoch kaum zu erwarten sei. Darüber hinaus seien auch andere freie und kirchliche Wohlfahrtsverbände wegen ihrer Größe zu schwerfällig, um auf Bürgerwünsche und -sorgen entsprechend reagieren zu können.

Sozialressort-Vertreter Wischer sah das nicht ganz so: Man dürfe den Öffentlichen Dienst nicht zur Gänze als „Moloch“ anprangern. Auch in der Verwaltung gebe es engagierte MitarbeiterInnen, aber „es gibt auch welche, für die braucht man einen Waffenschein“.

Ein zweigleisiges Dienstleistungssystem von Öffentlichem Dienst und Selbstorganisierten Projekten nebeneinander, da waren sich die fünf einig, müsse weiterhin extistieren. Eine Gefahr für die Zukunft sahen sie darin, daß die Sozialpolitik quer durch alle Parteien nur wenig Beachtung findet. Arvid Friebe

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