: Selbstbewußtsein & Frauen-Jogging gegen Gewalt
■ SPD-Hearing „Gewalt gegen Frauen“ / Wie Frauen sich die Stadt erobern können — ein Beispiel aus Frankfurt
Ein dunkler Gang, Schritte. Sie dreht sich um, hastig, die Schritte hinter ihr werden schneller...
Denken Sie nicht nur an Tiefgaragen, Männergewalt und Frauen in der Opferrolle, wenn es um das Thema Gewalt gegen Frauen geht. Zwischen lähmender Angst der Frauen und Selbstverteidigungskursen, stadtplanerischer Kosmetik und Frauen- Nachttaxis bewegt sich meist die Diskussion. Und auch wenn ein Großteil der Gewalt gegen Frauen im Privatbereich stattfindet, das subjektive Angstgefühl wird über die Situation in der Stadt definiert. Kann ich abends allein durch meine Straße gehen? Traue ich mich ohne Begleitung ins Theater?
Die Diskussion über Unsicherheit und Angst im öffentlichen Raum wird verstärkt erst geführt, seit Männer davon zunehmend betrofffen sind. Dabei wird der Unterschied, die spezifisch gegen Frauen gerichtete Gewalt vornehmlich vergessen. Wie Frauen sich ihre Stadt auch anders als über gesellschaftlichen Wandel, langwierige Stadtplanungsprozesse oder aufwendigen Einzel-Personenschutz erobern können, stellte gestern auf dem SPD-Hearing „Gewalt gegen Frauen“ Gabriele Wibelitz vom Frauenreferat aus Frankfurt vor. In der Mainmetropole haben Frauen drei Monate lang in der Kampagne „Frauen nehmen sich die Stadt“ Utopien gelebt.
Wie sähe Frankfurt aus, wenn sich Frauen zu jeder Tages- und Nachtzeit sicher und mit Entdeckungslust bewegen könnten? Die Frage scheint simpel, „doch die Antworten zeigen, mit welch reduziertem körperlichen und seelischen Wohlbefinden sich Frauen bewegen“, sagt Gabriele Wibelitz. Und da existiert der Wunsch nach „einfach nur ziellos zu Fuß bummeln“ ebenso wie der, nachts im Park zu liegen und die Sterne zu begucken...
Und genau das haben die Frankfurterinnen getan. „Zu unserem Konzept gehörte es, daß die Anwesenheit von Menschen, die in einer Notsituation ansprechbar sind, weiterhelfen kann“, so Wibelitz. Und das hieß schlicht: Frauen waren zu ungewöhnlicher Zeit an ungewöhnlichem Ort anwesend. Da zogen ganze Kolleginnengruppen nach Büroschluß mit Stadtplanerinnen zur Konstabler Wache, einem komplizierten und unsicheren U-Bahn-Knotenpunkt und diskutierten über Verbesserungen. Frauen ließen sich von einer Prostituierten-Selbsthilfegruppe das Bahnhofsviertel zeigen. Mitternächtlich radelten Frauengruppen durch die City und schlürften nachts um vier Sekt in einer Bar. Frauen veranstalteten Partys auf verrufenen S-Bahnhöfen, joggten abends im Park — eroberten sich regelrecht fremdes Gebiet und demonstrierten Selbstbewußtsein.
In der dreimonatigen Kampagne entstanden neue Netzwerke, neue Diskussionen und Ideenauf dem Weg weg von der Männermacht widerspiegelnden Stadt. Und nicht zuletzt die Idee, per Button sich als Ansprechpartnerin oder eventuelle U-Bahn-Begleitung erkennbar zu machen und so die Anonymität zu durchbrechen. Und auch so selbstbewußt kann mit der Gewaltdiskussion umgegangen werden — in der sich, so Frauensenatorin Sabine Uhl, „jahrhundertelange Benachteiligung und Unterdrückung von Frauen bündelt“. skai
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