: Selbständig machen
■ Ein bißchen Besessenheit kann nicht schaden. Wichtigste Devise: Nur nicht abschrecken lassen. Bis das Unternehmen gegründet ist, wollen viele Dinge erledigt sein. Die vier Säulen der Existenzgründung
Der erste Schritt ist, zunächst das Vorhaben und die Idee schriftlich festzuhalten. Leitfrage: Wo will ich in den nächsten fünf Jahren sein? Aus dem Text sollte erkennbar sein, daß der neue Unternehmer an sein Vorhaben glaubt – wer zunächst auch sonst? Ein wenig Besessenheit kann nicht schaden – schließlich müssen auch andere von der Idee begeistert werden. Allzuviel wohlmeinende Ratschläge aus dem Bekanntenkreis verunsichern anfangs mehr, als daß sie wirklich weiterhelfen. Allerdings läßt sich in Gesprächen mit anderen oft feststellen, wie sicher man mit dem Vorhaben selber ist. Schwächen lassen sich so frühzeitig erkennen und beseitigen.
Bildlich gesprochen steht die Idee auf vier tragenden Säulen: Qualifikation, Markt, Standort und Finanzierung. Durch einen tabellarischen Lebenslauf läßt sich feststellen, inwieweit die nötige Qualifikation vorhanden ist. Wichtig: Der Lebenslauf ist keine Bewerbung und sollte so verfaßt sein, daß beispielsweise Geldgeber die Qualifizierung erkennen. Die wiederum teilt sich in Branchenkenntnis, persönliche Eignung – beispielsweise das Vermögen, auf andere Menschen eingehen zu können – sowie Qualifizierungen wie Meisterprüfung oder Studium. Schließlich ist zu prüfen, inwieweit die kaufmännischen Fähigkeiten ausreichen, um ein Unternehmen zu führen. Sehr viele Unternehmer scheitern gerade hierbei schon in den ersten Jahren der neuen Existenz.
Die zweite Säule, der Markt, hat zwei Komponenten: Beschaffungsmarkt und Absatzmarkt. Viele GründerInnen vergessen leider allzuoft, sich auch intensiv mit dem Beschaffungsmarkt zu befassen, weil sie sich zu sehr auf den Absatz konzentrieren. Dabei können Probleme auf dem Beschaffungsmarkt das Vorhaben schon gleich von Anfang an zu Fall bringen. Zu prüfen ist also, welche Probleme der Beschaffungsmarkt für das Vorhaben mit sich bringt. Der Absatzmarkt erfordert Kenntnis darüber, wer die künftigen Kunden sein werden und was sie wollen. Auch die Konkurrenz ist zu beobachten und kennenzulernen sowie die Preisgestaltung im Markt.
Die dritte Säule ist der Standort. Ratsam ist die genaue Überlegung, welcher Standort für den Gründer selber wichtig ist und welche Kriterien – beispielsweise für Beschaffung und Absatz – erfüllt sein müssen. Dabei spielt neben Erreichbarkeit und Ausstattung auch der Preis eine wichtige Rolle.
Die vierte Säule schließlich betrifft die Finanzierung. Zum Kapitalbedarf gehören die Gründungskosten, die Investitionen, bei einem Handelsunternehmen die Warenausstattung sowie die Liquiditätsreserve. Letztgenannte setzt sich wiederum zusammen aus dem eigenen Lebensunterhalt zuzüglich Fixkosten pro Monat – als Rechengrundlage sollten drei, besser sechs Monate dienen. Bei den Investitionen sollte niemand am falschen Ende sparen – eine Nachfinanzierung ist teuer und oftmals schwierig zu bekommen, da die Banken dann gern die kaufmännischen Qualitäten anzuzweifeln pflegen –, schließlich hat ja schon die Erstkalkulation nicht gestimmt. Wichtig: Immer mit ausreichend Kapital starten, denn viele Unternehmungen scheitern einfach deshalb, weil das Geld für die Startphase zu knapp kalkuliert wurde.
Der nächste Schritt ist die Erstellung einer Ertragsvorschau, um festzustellen, wie sich das Vorhaben „rechnet“. Die Geldgeber wollen erstens sehen, ob ein Kredit mit dem erwarteten Ertrag überhaupt zurückgezahlt werden kann und zweitens die Branchenkenntnis sowie das Einschätzungsvermögen prüfen. Der ebenfalls zu erstellende Finanzplan zeigt, aus welchen Quellen der Kapitalbedarf gedeckt werden soll und enthält die ungefähre Höhe des Eigenkapitals sowie die „Restgröße Kredit“.
Für die Kreditaufnahme kommt als erster Anlaufpunkt die Hausbank in frage. Wichtig: Wer noch nie solche Gespräche geführt hat, sollte sie zunächst regelrecht üben – am besten bei einer Bank, die für eine Kreditaufnahme auf keinen Fall in Frage kommt. Das bringt mitunter noch wichtige Zusatzinformationen und löst die Nervosität –, es gibt schließlich nichts zu verlieren.
Vor dem „ernsten“ Kreditgespräch sollte man um einen Termin mit einem speziellen Berater für Existenzgründer bitten – die meisten Banken sind zumindest in ihrer Hauptstelle darauf vorbereitet, und mit einem Termin kann man davon ausgehen, daß der Bankangestellte genügend Zeit mitbringt. Er sollte auch über mögliche Fördermittel wie Bundes- und Landesprogramme Auskunft geben können. Für das Gespräch ist eine Mappe mit allen verfügbaren Informationen über das Vorhaben vonnöten. Unternehmensberater helfen bei deren Zusammenstellung. Wichtig: Auf Fragen der Bank sollte man vorbereitet sein und im Zweifelsfall vermitteln, daß sie bald geklärt sein werden.
Zu guter Letzt müssen sich neue Unternehmer beim Gewerbeamt und beim Finanzamt anmelden – Freiberufler nur beim Finanzamt. Bei der Buchführung kann ein Steuerberatungsbüro helfen – oder ein Seminar. Alle Belege für Ausgaben, die durch das Vorhaben entstehen, sollten von nun an konsequent gesammelt werden – auch wenn noch nicht klar ist, ob sie vom Finanzamt überhaupt anerkannt werden und absetzbar sind. Beachten sollte man auch, daß eine Reihe von Versicherungen nötig sein können. Maklerbüros, die mit verschiedenen Versicherungen zusammenarbeiten, sind hierbei den „Haustürmaklern“ vorzuziehen. Makler, die auf der Basis von Festhonorar beraten, sind in der Regel nicht von den Provisionen der Versicherungsunternehmen geblendet und können individuell zugeschnittene Policen bereitstellen.
Letzter Tip: Schwierigkeiten werden sich trotz guter Vorbereitungen immer wieder einstellen. Doch wer sich abschrecken läßt, ist als Unternehmer nicht geeignet. Auch wenn die Probleme einmal unüberbrückbar scheinen, hilft es, sich immer wieder zu sagen: „Ich werde es schon schaffen.“ Manfred Loose
Einen Überblick über die einzelnen Schritte bieten Industrie- und Handels- sowie Handwerkskammern.
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