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Seebestattung: Meyer, Papenburg

■ Internationale Havariekommission: „Estonia“-Bugklappe war falsch konstruiert

Stockholm (taz) – Die unzureichende Stahlkonstruktion der Bugpartie der „Estonia“ ist eine der Ursachen für das schwerste europäische Schiffsunglück seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Zu diesem Ergebnis kommt nach Informationen der taz die internationale Havariekommission zur Klärung der Katastrophe. In einem Teilbericht, der sich nahezu ausschließlich mit der technischen Konstruktion der Fähre befaßt, wird die Meyer-Werft in Papenburg, die das Schiff 1979 baute, heftig kritisiert. Bei dem Untergang des Schiffs kurz nach Mitternacht am 28. September 1994 auf der Fahrt von Tallinn nach Stockholm ertranken über 1.000 Menschen.

Der Teilbericht, der auch der Meyer- Werft seit Montag vorliegt, wird nächste Woche offiziell bekanntgegeben. Erstmals äußert sich darin die Untersuchungskommission konkret zu den Punkten, bei denen sie eine Fehlkonstruktion und einen Verstoß gegen die auch 1979 schon geltenden Sicherheitsbestimmungen sieht. Die Stahlkonstruktion der Bugklappe und die Schließ- und Sicherungsmechanismen seien insgesamt zu schwach ausgelegt gewesen, was zu einer unzureichenden Haltbarkeit der gesamten Bugpartie geführt habe. Diese Analyse gründet sich auf der Untersuchung der abgerissenen und gehobenen Bugklappe sowie von Tauchern geborgenen Teilen der Frontpartie der Fähre. Die Kommission kritisiert insbesondere die entgegen geltenden Sicherheitsbestimmungen erfolgte zusammenhängende Konstruktion von Bugklappe und Bugrampe. Beide sollten eigentlich unabhängig voneinander das Schiff wasserdicht verschließen. Die Meyer-Werft verhakte diese Teile so miteinander, daß ein Abreißen der Bugklappe zwangsläufig die Bugrampe aufriß.

Dieses Bauprinzip war nicht nur bei Meyer, sondern jahrelang bei verschiedenen Werften üblich, weil die Reedereien damit einige Meter zusätzlichen Lastraum gewinnen konnten. In diesem Zusammenhang stellt die Kommission die Frage nach der Abnahmepraxis der Seesicherheitsbehörde, welche die fraglichen Fähren genehmigen mußte.

Die Rolle der Reedereien, Behörden und Klassifizierungsgesellschaften im Zusammenhang mit der „Estonia“ will die Kommission jedoch erst in weiteren Teilberichten in den nächsten Monaten klarlegen.

Die Erklärungsversuche der Meyer- Werft – die Bugkonstruktion müsse nachträglich verändert worden sein, die „Estonia“ sei möglicherweise auf eine riesige Boje aufgefahren – werden im Kommissionsbericht zurückgewiesen.

Reinhard Wolff Tagesthema Seite 3

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