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Sechs Sparkommissare für Bremen

■ taz mit dem senatorischen Rotstift unterwegs (3): Das Sparmodell der Gruppe Aufgabenkritik

Mit sechs professionellen Finanzkontrolleuren will Bremen künftig die Einhaltung des Sparkurses im kleinsten Bundesland überwachen. Wie aus dem Abschlußbericht der vom Senat eingesetzten Arbeitsgruppe Aufgabenkritik zu entnehmen ist, sollen die sechs Stellen entsprechend dem Personal-Entwicklungsprogramm (PEP) durch Umschichtung kostenneutral geschaffen werden. Zwei Stellen werden der Senatskanzlei zugeordnet, eine der Senatskommission für das Personalwesen (SKP, die Personalabteilung des öffentlichen Dienstes), drei Stellen bekommt der Senator für Finanzen.

Diese Stellen bieten nach Ansicht des Berichtes die einzige Möglichkeit, die Aufgabenkritik zu professionalisieren. Die hauptberuflichen Sparkommissare sollen die ausgabenintensiven Ressorts („Bedarfsressorts“) „mit finanzpolitischen Argumenten zur Leistungskürzung oder —streichung“ spicken „und daran anknüpfende konkrete Umsetzungsempfehlungen“ erbringen.

Zweites Kontrollinstrument zur Durchsetzung des Sparkurses ist eine neue Systematik innerhalb aller Ressorts. Der Bericht regt an, alle Haushaltsbereiche mit einer „überschaubaren Anzahl eindeutig abgegrenzter Aufgabenfelder zu definieren“. Alle Ausgabenposten erhalten danach sog. „Funktionskennziffern“, die dann auch bundesweit verglichen werden können. In einem ersten Anlauf hat die Arbeitgruppe Aufgabenkritik die Bremer Ressorts mit 52 solcher Funktionskennziffern überzogen, die 1992 „97,9 % der bereinigten bremischen Leistungsausgaben“ betrafen. Nach dieser Aufstellung sind zum Beispiel die Sozialhilfeleistungen (635,6 Mio. Mark), die Ausgaben für Gesamtschulen und Schulzentren (409 Mio. Mark) und die Kosten für Universität und Technische Hochschulen (297,2 Mio. Mark) die dicksten „bereinigten“ Haushaltsbrocken.

Nach diesen Vorschlägen kommen wirtschaftspolitische Subventionen reichlich günstig und ungerupft aus dem Sparprogramm. Sie zählen laut Bericht zu den „wirtschafts- und finanzkraftstärkenden Maßnahmen“. „Unter diesem Aspekt ist es wenig sinnvoll, Aufgabenfelder, die exakt dieser Zielsetzung dienen, mit aufgabenkritischen Verfahren und eventuellen Einschnitten zu überziehen.“ Gerupft werden soll demgegenüber bei „Leistungen mit rein versorgendem Charakter“.

Funktionskennziffern alleine reichen aber für den finanzpolitischen Volldurchblick noch nicht aus. Der Bericht schlägt weiter vor, für jeden einzelnen Posten sog „Mengengerüste“ aufstellen zu lassen. Die Mengengerüste sollen die Annahmen auflisten, auf deren Grundlage bestimmte Posten (bsp: Sozialhilfeausgaben) berechnet werden. Darunter fallen auch Kostendeckungsgrade des Thaters, Zuschauerzahlen, Besucherzahlen in Museen u.ä.. „Diese Mengengerüste (sind) das eigentliche Steuerungsinstrument für aufgabenkritische Eingriffe“, heißt es dazu in dem Bericht. „Leistungs- und Standartveränderungen sind bei quantifizierbaren Kennzahlen vorzusehen, im Vollzug zu realisieren und hinsichtlich ihres Erfolges zu kontrollieren.“ Die sechs Sparkommissare, die diese Aufgabe erledigen sollen, werden dafür ressortübergreifend eingesetzt. mad

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