: Schwüre in Auschwitz
■ Jugendzentrum vor den Toren des ehemaligen Vernichtungslagers eingeweiht / Bundesrepublikanische Prominenz beschwört Versöhnung
Berlin (dpa/taz) - Kranzniederlegung vor der Erschießungswand im Block 10 des KZ–Auschwitz, Reden bei der Schlüsselübergabe zur Jugendbegegnungsstätte in Oswiecim, die auf Initiative der Aktion Sühnezeichen gemeinsam mit dem polnischen Veteranenverband für 4,5 Mill. DM errichtet wurde - an diesem Staatsakt nahmen Bundesjugendministerin Süssmuth, Frau Hamm–Brücher (FDP), Frau Volmer ( Grüne), Hans–Jochen Vogel und Heinz Westphal (SPD) teil. Frau Süssmuth betonte, der Nationalsozialismus sei kein „zufälliges Ausgleiten“ gewesen. Auschwitz gehöre zum „Kern unserer besonderen Verpflichtung“. Man werde alles tun, daß die „Opfer nicht vergessen werden“. Die Tatsache, daß die Worte der Ministerin im peinlichen Widerspruch zu ihrem Verhalten bei der Wiedergutmachungsfrage stehen, hat im Vorfeld der Reise allerdings nur bei den Grünen eine Debatte ausgelöst. Die von Frau Süssmuth benannte „Verpflichtung“ hat nichts zu tun mit finanzieller Verpflichtung. Vor drei Wochen hat ein Bericht ihres Ministeriums alle noch bestehenden Forderungen der NS–Opfer abgeschmettert. Da die Einweihung am Jahrestag der Unterzeichnung des Grundlagenvertrages zwischen Polen und der BRD (7.12.1970) stattfand, legten Frau Süssmuth und Hans–Jochen Vogel vor allem den Akzent auf die deutsch–polnische Versöhnung. Fortsetzung auf Seite 2 Härtere und bittere Töne formulierte der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Berlin, Galinski. Auf der Gedenkstätte des Vernichtungslagers Auschwitz–Birkenau sagte er - selbst ehemaliger Häftling des KZ - es gebe zwei Rampen in seinem Leben, die er nie mehr vergessen könne: „Die eine am Bahnhof Berlin–Grunewald, von wo ich zusammen mit meinen Familienangehörigen nach Auschwitz abtransportiert wurde. Die zweite hier in Auschwitz, die Rampe, an der die Selektionen stattfanden.“ Galinski erklärte, es treibe ihm „die Zornesröte ins Gesicht“, wenn heutzutage bundesdeutsche Historiker versuchen würden, die Einzigartigkeit des Verbrechens in Auschwitz zu relativieren. Er spielte dabei auf Historiker wie Hillgruber an, der in Bonn die Attaches für den diplomatischen Dienst ausbildet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen