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Schwimmen in ZürichBadi-Hopping

Abends verwandeln sich die Bäder in Zürich in Apéro-Lounges oder Kulissen für Konzerte oder Filme. Es gibt viel Auswahl - am besten man hüpft von einem zum anderen.

Die Barfußbar im Frauenbadi in Zürich. Bild: Ulrike Wiebrecht

ZÜRICH taz | Manches mag sie vergessen, wenn sie morgens ins Büro geht. Aber eins bestimmt nicht: ihren Bikini. Wie sollte sie sonst die Badi besuchen? Anderswo geht man mittags zum Business Lunch. Corinne steigt stattdessen aufs Fahrrad, radelt zum Flussbad Oberer Letten und schwimmt ein paar Runden, bevor sie in der Sonne ihr Picknick verzehrt. "Das ist wie ein Kurzurlaub", schwärmt die Stadtführerin. "Danach fühle ich mich wieder rundum frisch und erholt."

Wie sie machen es viele Zürcher. Schließlich hat kaum eine Stadt so nah am Wasser gebaut wie Zürich. Während Limmat, Sihl und Schanzengraben durchs Zentrum fließen, umarmt die Stadtlandschaft die Ufer des Zürichsees. Da locken nicht nur unzählige frei zugängliche Badestellen, sondern auch allerlei städtische oder private Anlagen. Was in Berlin die Beach Bars sind, sind hier die Badis, wie sie vom Volksmund liebevoll genannt werden. Mit dem Unterschied, dass es sich bei ihnen um keine neumodischen Trendlocations handelt, vielmehr um Institutionen, die auf eine lange Tradition zurückblicken. Ganze 18 Sommerbäder zählt der Flyer des Sportamts Zürich auf.

Wie soll man sich entscheiden, wenn man die Qual der Wahl hat? "Wir können es ja mal mit Bäderhopping versuchen", empfiehlt Corinne. Am besten eignet sich dafür das Fahrrad. Nur ein paar Meter vom Hauptbahnhof entfernt befindet sich die Velostation Nord, wo wir mit kostenlosen Mieträdern versorgt werden - dank der Initiative "Züri rollt", die hilft, Asylbewerber und Arbeitslose ins Arbeitsleben zu integrieren. Vorbei am Zusammenfluss von Sihl und Limmat radeln wir auf dem Sihlquai am tiefgrünen Wasser entlang.

Schon nach wenigen Minuten taucht das Flussbad Oberer Letten auf: Auf der einen Seite eine hölzerne Liegeterrasse für Frauen, auf der anderen Seite eine schwimmende Bar, lockt das Gratisbad unterschiedliche Gäste an. Gegen Abend soll das Flussbad zum frequentierten Szenetreff mutieren. "Dann fließt hier mitunter genauso viel Caipirinha wie Wasser in der Limmat", kommentiert ein Badegast.

Es gibt auch Seebäder

Ganz anders das Flussbad Unterer Letten, das ein Stück weiter nördlich liegt. Hier gehen neben Schulklassen oder Jugendgruppen vor allem Familien baden - wohl auch deshalb, weil der Schwimmkanal in der Limmat Nichtschwimmer- und Kinderplanschbecken aufweist. Gleichzeitig ist er spannende Kulisse für Filmnächte, die hier im Sommer hin und wieder stattfinden.

Erstes Bad an der Seepromenade ist das Utoquai, ein betagtes Traditionsbad, das aus mehrstöckigen Holzterrassen mit Umkleidekabinen und Nichtschwimmerbecken besteht. Besonders stolz ist man hier auf das Stammpublikum, das dem Utoquai zum Teil seit Jahrzehnten die Treue hält. "Sie glauben gar nicht, wer hier schon morgens zwischen sieben und acht alles schwimmt", meint der Badeleiter. "Zum Teil treffen unsere Gäste sogar Geschäftsfreunde beim Lunch auf dem Wasser."

Sicher nicht der Fall ist das beim Seebad Tiefenbrunnen, das ein Stück weiter stadtauswärts zwischen altehrwürdigen Ufervillen liegt. Den Rahmen bildet eine Parkanlage mit schönen alten Bäumen, über die sich Umkleidekabinen, Liegewiesen und eine 62 Meter lange Superseerutschbahn verteilen. Hier ist für uns jetzt ein erneuter Sprung ins Wasser fällig. Es ist herrlich erfrischend, aber nach ein paar Zügen klettern wir auf einen der Holzpontons, die auf dem Wasser schwimmen. Es gibt einfach so viel zu sehen ringsum. Während uns die Wellen des Zürichsees sanft hin und her wiegen, schweift der Blick auf das gegenüberliegende grüne Ufer.

Ach ja, da sind ja auch noch Seebäder. "Ja, das Mythenquai zum Beispiel", erklärt Corinne. "Das hat sogar einen 250 Meter langen Sandstrand. Weiter stadteinwärts liegt das Seebad Enge." Deren Holzterrassen verwandeln sich abends in eine beliebte Apéro-Location. Zum Teil finden auch Konzerte auf dem Wasser statt. So cool sich hier alle geben - den exklusiven Badebereich für Frauen scheint hier keiner abschaffen zu wollen. Ob das noch zeitgemäß ist? "Auf jeden Fall", spricht Hermann Schumacher, Abteilungsleiter der Zürcher Badeanlagen, aus Erfahrung. "Die Damen bestehen darauf."

"Nirgendwo gibt es so viele Bäder pro Kopf wie hier", weiß Hermann Schumacher, "und wehe, wenn erwogen wird, aus Kostengründen eins zu schließen. Dann macht sich sofort ein Sturm der Entrüstung breit." Ganz oben in der Beliebtheitsskala rangiert übrigens weder ein Fluss- noch ein Seebad, vielmehr das Volksbad am Letzigraben. Kein anderer als Max Frisch hat es in seiner Zeit als Architekt entworfen. Im Jahr 1949 wurde es fertiggestellt und bescherte dem damaligen Arbeiterviertel Altstetten eine Erholungsoase.

Zum 100. Geburtstag von Frisch präsentiert sich das denkmalgeschützte Bad neusaniert und sogar mit einer Ausstellung zu Max Frisch. Da können wir nicht anders als gleich noch mal ins Wasser zu springen!

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