Schwerpunkt sozialer Wohnungsbau: "Mehr Sozialwohnungen kaufen"
Interview: Der geplante Ausstieg des Senats aus dem Fördersystem ist richtig, sagt Andreas Otto, baupolitischer Sprecher der Grünen. Eine Mietabsenkung sei jedoch nicht das richtige Instrument.
taz: Ist der geplante Ausstieg des Senats aus dem Fördersystem richtig?
Andreas Otto: Ja, endlich bewegt sich was beim Senat. Berlin hat Milliarden versenkt in ein Förderkonzept, das gescheitert ist. Jetzt muss man allerdings erst mal ausrechnen, was der Ausstieg kosten soll.
Das Ganze soll allen nützen: dem Senat, den Eigentümern und den Mietern. Geht diese Rechnung auf?
Das ist die Vorstellung des Senats. Das Problem ist aber, dass der Senat keine gesetzliche Handhabe hat, die Eigentümer zu zwingen, in den Handel einzuschlagen, er kann sie lediglich mit Geld locken. Es ist unklar, ob die Eigentümer zustimmen.
Ist eine Mietsenkung das richtige Instrument einer sozialeren Wohnungspolitik?
Wenn die Eigentümer sich an den Mietspiegel halten, ist viel gewonnen. Eine Herabsenkung auf 10 Prozent unter den üblichen Mieten kostet wahrscheinlich viel Geld und es ist unklar, für wie viele Jahre das dann gelten soll.
Was sollte der Senat denn stattdessen tun?
Zum einen über eine direkte Unterstützung einkommensschwacher Haushalte nachdenken. Zum anderen sollte das Land mehr Sozialwohnungen kaufen. Von den 170.000 Sozialwohnungen gehören dem Land derzeit 50.000. Von den restlichen 120.000 Wohnungen sollten die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften einige übernehmen, denn es ist die Aufgabe des Landes, sicherzustellen, dass Leute mit wenig Geld Wohnungen bekommen.
Das tun sie ja, allerdings meist in wenig attraktiven Wohngegenden.
Gerade außerhalb der Innenstadt sollten Projekte wie Baugruppen gefördert werden, man könnte über Genossenschaften und Mieterprivatisierung nachdenken. Wir müssen diese Quartiere auch für Leute mit höheren Einkommen attraktiv machen. Aber wie kann man verhindern, dass Leute mit geringerem Einkommen aus begehrten Stadtteilen wie Prenzlauer Berg oder inzwischen auch Kreuzberg durch überteuerte Mieten verdrängt werden?
Für die Sozialstruktur Berlins ist es wichtig, dass es auch in diesen attraktiveren Bezirken landeseigene Wohnungsbestände gibt und nicht nur in Bezirken wie Lichtenberg. Man sollte davon welche abgeben und dafür Wohnungen im Innenstadtbereich zukaufen, um eine Durchmischung der Sozialstruktur sicherzustellen.
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