Schwere Kämpfe im Ostkongo: Bomben fallen auf Kinder
Mit schwerer Artillerie schießen die M23-Rebellen auf die Armee – und treffen auch Zivilisten. In Goma gibt es Tote und Verletzte, Tausende sind auf der Flucht.
GOMA taz | Jeanette Bwira steht unter Schock. Die 6jährige liegt im Krankenhausbett, übersät mit Pflastern. Schrotkugeln haben sich tief in ihr Fleisch gebohrt, auch in Magen und Lunge. Ihre 16-jährige Schwester streichelt tröstend ihre Hand. Doch das kleine Mädchen starrt nur teilnahmslos an die Decke.
Vor der Intensivstation des Zentralkrankenhauses in Goma hat das Rote Kreuz Zelte aufgestellt. Doktor Boses Kittel ist blutverschmiert. Gerade sind weitere zehn Schwerverletzte eingetroffen. „Wir haben Blutreserven bereitgestellt“, sagt er.
Die Bombe, die Jeanette verletzte, schlug am Dienstagabend in ihrem Haus in Mugunga ein, eine Vorstadt der Millionenmetropole Goma. Vom Haus sind nur ein paar Wellbleche übrig, die Plastikstühle sind geschmolzen. In der Mitte klafft ein Krater: Da ist die Rakete gelandet.
Insgesamt sechs Raketen sind in Gomas dichtbesiedelten westlichen Wohnbezirken Mugunga und Ndosho eingeschlagen. Am Rand von Mugunga siedeln über 50.000 Vertriebene aus dem Landesinnere in Plastikzelten. Viele sind jetzt wieder geflohen.
Raketen im Minutentakt
Im Minutentakt fliegen die Raketen über Mugungas Zelte und Häuserdächer. Wenn sie einschlagen, vibriert der Boden. Kongos Armee und die Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März) haben auf beiden Seiten Stalinorgeln und Flakgeschütze aufgefahren und bombardieren jetzt gegenseitig ihre Stellungen aus der Distanz. Ab und zu verirrt sich eine Bombe in die Wohnbezirke.
Die Bilanz bislang: eine tote 6-jährige, 16 Schwerverletzte. Seit der Krieg am Montag erneut begann, wurden außerdem 21 Soldaten und Rebellen getötet.
UN-Blauhelme auf dem Hügel gucken zu
Vom Hügel Munigi nördlich von Goma beobachten UN-Blauhelme das Schlachtfeld. Unten liegt Goma, eingerahmt vom Kivusee und vom Nyiragongo-Vulkan. Am Fuße des Vulkans erheben sich kleine Hügel, manche mit Dörfern. Auf den Hügeln Mujo, Mutaho und Rusayo Richtung Südwesten steht die Armee. Auf den Hügeln von Kibati Richtung Nordosten stehen die Rebellen.
„Wir können von hier aus die Raketen zählen und die Einschläge beobachten“, erklärt der indische UN-Oberst Kosh Premanku. „Wenn die M23 falsch zielt, dann treffen ihre Geschütze Mugunga und Ndosho.“
Die M23 sagt, sie schieße nur zurück. „Wir haben nicht vor, Goma einzunehmen“, verspricht M23-Sprecher Amani Kabasha. Am Donnerstag wird UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in Goma erwartet. „Er soll die Armee bitten, die Kämpfe einzustellen, wir werden das respektieren.“
Kongos Regierungsarmee gibt sich derweil siegessicher und kampflustig. „Ich werde alles tun, um die Rebellen zu stoppen“, versichert Oberst Mustafa Mamadu, der für die Verteidigung Gomas zuständig ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Sport und Krieg in der Ukraine
Helden am Ball
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Nachhaltige Elektronik
Ein blauer Engel für die faire Maus
Studie zu Zweitem Weltkrieg
„Die Deutschen sind nackt und sie schreien“