■ Schweiz: Mehrheit für die Fortführung der liberalen Drogenpolitik: Ein Modell für Deutschland
Über einen Slogan wie „Jugend ohne Drogen“ abstimmen zu müssen, ist eine Zumutung für jeden aufgeklärten Menschen und so grotesk, wie es eine Abstimmung über den Slogan „Himmel ohne Wolken“ wäre. Mit einer eindrücklichen Mehrheit von über 70 Prozent haben die Schweizer die von rechtspopulistischen Kreisen in Kooperation mit der Psychosekte VPM lancierte Volksinitiative zurückgewiesen und damit dem Mißbrauch des Drogenmißbrauchs für politische Zwecke eine deutliche Absage erteilt. Denn den Initianten von „Jugend ohne Drogen“ ging es weniger um die Durchsetzung eines Drogenverbotes als um die Schaffung eines Repressionsklimas und um die Kontrolle und Disziplinierung von Jugendlichen.
Der Slogan spricht für sich, sein Subtext – Jugend ohne Drogen, Erwachsene mit Drogen – entlarvt die Doppelmoral der Kampagne. Fast alle von Werbeleuten und Parteistrategen erdachten Kampagnen, die ein komplexes Phänomen auf einen Slogan zu reduzieren versuchen, transportieren heimlich Botschaften, die das ursprünglich Gewollte ins Gegenteil verkehren. Solche Slogans unterschätzen die Phantasie der Menschen. Auch eine Parole wie „Keine Macht den Drogen“ verlangt geradezu nach der Gegenparole „Keine Nacht ohne Drogen“.
Mit der Abstimmung stand die gesamte Schweizer Drogenpolitik zur Disposition. Im Falle einer Annahme wären nicht nur alle Fixerstuben geschlossen, der Spritzentausch unterbunden und die Methadonabgabe beendet worden. Auch die medikalisierte Opiatabgabe an sogenannte Schwerstabhängige hätte eingestellt werden müssen. Die Vorstellung, daß plötzlich wieder Tausende von Methadon-Substituierten die Straßen auf der Suche nach Heroin bevölkern, hat selbst hartnäckige Repressionsbefürworter nachdenklich gemacht.
Daß der Sieg der Vernunft so deutlich ausfiel, hat auch mit mit der Tatsache zu tun, daß – anders als in der BRD – sowohl bürgerlich-liberale Kreise als auch Linke auf der Suche nach einer pragmatischen „Lösung“ sind. Auch die Medien, von der konservativen Neuen Zürcher bis zur linken WoZ, beteiligen sich an diesem Diskurs, der auf Sensationalismus und Alarmismus verzichtet und auf Nüchternheit setzt. Wenn es gelänge, die Destruktivität rechtspopulistischer Drogenpolitik deutlich zu machen und die Ignoranz von Gauweiler, Beckstein & Co. zu entlarven, dann wäre auch hier eine Mehrheit für den Schweizer Weg zu gewinnen. Günther Amendt
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