Schweinegrippe-Vorbeugung: Impfung kostet 600 Millionen Euro
Krankenkassen und Bund streiten darüber, wer die Schutzimpfungen bezahlen muss. Ziemlich wahrscheinlich ist, dass der Großteil der Kosten von den gesetzlich Versicherten bezahlt wird.
Die gesetzlichen Krankenkassen drohen, die Kosten für Impfungen gegen die Schweinegrippe führten zu Zusatzbeiträgen für ihre Versicherten. Die 600 Millionen Euro für die ab Herbst geplanten Schutzimpfungen seien nicht im Gesundheitsfonds vorgesehen, erklärte die Vorsitzende des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen, Doris Pfeiffer.
Bund, Länder und private Krankenversicherungen sollten sich daher an den Millionenbeiträgen beteiligen. Das Bundesgesundheitsministerium hält dagegen: Zusatzbeiträge für gesetzlich Versicherte seien "ausgeschlossen".
Mehrere gesetzliche Krankenversicherungen sehen die Behörden der Länder in der Pflicht, Kosten für die Impfungen von 22,5 Millionen Menschen zu finanzieren: "Grundsätzlich ist der Umgang mit einer Pandemie Angelegenheit der öffentlichen Gesundheitsdienste", urteilt eine Sprecherin des Verbands der Ersatzkassen (VdEK) laut Leipziger Volkszeitung. Gesundheitsvorsorge sei eine "gesamtgesellschaftliche Aufgabe", assistiert der Verbandsgeschäftsführer der Innungskrankenkassen (IKK), Rolf Stuppardt.
Und Doris Pfeiffer vom GKV-Spitzenverband prophezeit: "Entziehen sich die Länder, die private Krankenversicherung und Beihilfeträger ihrer Verpflichtung, würde der Fonds entsprechend höher belastet und damit auch die Beitragszahler."
Ende September soll laut Bundesgesundheitsministerium ein Impfstoff vorliegen, den Gesundheitsdienste und Kassenärzte bis zu 22,5 Millionen Menschen freiwillig verabreichen sollen. Zu dieser Gruppe gehören Polizisten, Feuerwehrleute, Ärzte und Pfleger, aber auch gesundheitlich Geschwächte wie Schwangere, Ältere, extrem Fettleibige oder AIDS-Kranke.
Um die Wirkung des Impfstoffs sicherzustellen, sollen diese Menschen zweimal geimpft werden. Pro Person kosten zwei Dosen Impfstoff und zweimaliges Impfen laut Gesundheitsministerium 30 Euro. Am Dienstag waren in Deutschland laut Ministerium 3.810 Fälle der Schweinegrippe gemeldet, 461 mehr als am Tag zuvor.
Die Behörde von Ministerin Ulla Schmidt (SPD) trommelte am Dienstag eilig Journalisten herbei. Dort erklärte Staatssekretär Klaus Theo Schröder, die gesetzlichen Krankenversicherungen stünden in der Pflicht. Sie müssten die Kosten für empfohlene Schutzimpfungen tragen, Ausnahmen gebe es nur bei Arbeitsschutz- und Reiseimpfungen. Außerdem habe er die Zusage der privaten Krankenversicherungen, "dass die PKV sich an den Impfkosten beteiligt".
Derzeit arbeiten Bund und Länder an einer Verordnung, die die Kosten für Ausnahmesituationen wie die Schweinegrippe neu ordnen soll. Der jüngste Entwurf sieht die Möglichkeit vor, die Kosten in den Bundesländern unterschiedlich aufzuteilen. Darin heißt es: "In jedem Land wird ein Fonds errichtet, an dem sich neben den gesetzlichen Krankenkassen auch die privaten Krankenversicherungsunternehmen und die Beihilfeträger beteiligen können." Können - eine Pflicht zur Beteiligung ist also nicht vorgesehen.
Damit liegt der Verdacht nahe, dass die gesetzlichen Kassen den Druck auf die Verhandlungen erhöhen wollen, um nicht allein auf den Impfkosten sitzen zu bleiben.
Einstweilen gibt das Gesundheitsministerium Entwarnung. Es werde keine Zusatzbeiträge für gesetzlich Versicherte geben, um damit die Kosten der Schweinegrippe-Impfung auszugleichen, sagt Staatssekretär Schröder: "Ich kann eindeutig sagen: Das ist nicht der Fall." Denn der Gesundheitsfonds, in den die Beiträge der gesetzlich Versicherten fließen, habe derzeit eine "Überdeckung" von rund einer Milliarde Euro. Auch in diesem Fall bezahlten also die gesetzlich Versicherten die Kosten.
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