piwik no script img

Schwedische Protestaktion in WeißrusslandTeddys stürzen Militärchefs

1.000 Plüschbären wurden aus Protest über dem weißrussischen Ivenets abgeworfen. Da die Luftwaffe nicht eingriff, werden zwei ranghohe Militärs gefeuert.

Staatsfeind Nr. 1 in Belarus: der gemeine Teddybär. Bild: reuters

BERLIN taz | Der autoritäre Präsident von Belarus, Alexander Lukaschenko, läßt mal wieder Köpfe rollen. Am Dienstag erwischte es den Chef der Luftwaffe, Dmitri Pachmelkin und den obersten Grenzschützer Igor Raschkowski. Beide wurden wegen Verletzung der Dienstpflicht ihrer Posten enthoben. Fünf weitere hohe Vertreter der belarussischen Führung wurden verwarnt - darunter Verteidigungsminister Juri Schadobin.

Der Grund für den Rausschmiß ist eine Protestaktion der besonderen Art am 4. Juli: ein Kleinflugzeug, das von der schwedischen Werbefirma Studio Total gechartert worden war, war aus Litauen kommend in den belarussischen Luftraum eingedrungen. In der Nähe des Ortes Ivenets und über den Aussenbeziken der Hauptstadt Minsk hatte die Besatzung rund 1000 kleine Plüschbären an Fallschirmen abgeworfen, die Aufrufe zur Demokratisierung und zum Respekt von Menschenrechten trugen.

Zunächst hatte die belarussische Führung den Vorfall bestritten und die staatlichen Medien die Aktion "Teddybär" als Erfindung bezeichnet. Erst nachdem entsprechende Videos im Internet aufgetaucht waren, wurden Ermittlungen eingeleitet. In der vergangenen Woche hatte Lukaschenko, der seit der gewaltsamen Niederschlagung von Protesten gegen die gefälschten Präsidentschaftswahlen am 19. Dezember 2010 mit äußerster Härte gegen seine Gegner vorgeht, bei einem Treffen mit führenden Militärs seinem Ärger Luft gemacht. Warum die Aktion nicht gestoppt worden sei fragte er und: "War das nur Pfusch einzelner Verantwortlicher oder ein Versagen der gesamten Luftabwehr?"

Am Dienstag bezeichnete das Regierungsblatt Belarus Segodnija die Bombardierung mit Plüschbären als Teil eines Informationskrieges, den die demokratische Staatengemeinschaft gegen Belarus führe. Schweden habe eindeutig imperialistische Absichten. Das zeige sich auch darin, dass der Schwedische Botschafter in Belarus die Landessprache spreche und diese auch benutze.

Unterdessen wurden zwei Personen verhaftet, die den Schweden geholfen haben sollen. So hatte der 20jährige Journaliststudent Anton Surjapin als Erster Fotos von der Aktion auf seiner Webseite platziert. Sergej Bascharimow, ein Wohnungsvermittler, soll eine Unterkunft zur Verfügung gestellt haben. Im Falle einer Verurteilung drohen beiden bis zu sieben Jahre Haft.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • R
    Reisefreund

    @Geneva: Einfach mit den Begriffen "Minsk" und "taz" googeln, dann öffnet sich die "journalistische Schatzkiste"! Link 1: "Zum Abschuss freigegeben" http://www.taz.de/Kommentar-Weissrussland/!89740/

    Link 2: "Begnadigung abgelehnt" http://www.taz.de/!89729/ Link 4: "Trotz Protesten kein Pardon" http://www.taz.de/!89729/ Mein Lieblingszitat von Frau Oertel ist: "Auch der Prozess gegen Dmitri Konowalow und Wladislaw Kowaljow, die bereits einen Tag nach dem U-Bahn-Anschlag festgenommen worden waren, war eine Farce. Für keinen einzigen der Anklagepunkte konnte die Staatsanwaltschaft stichhaltige Beweise vorlegen."

  • G
    Geneva

    Reisefreund, ich würde gerne lesen die Berichte, die Sie meinen...von Oertel und Donath.

    Wo sind die aufzufinden?

    Danke!

  • H
    Hans

    @Reisefreund

    Zusammenhang zum Artikel?

     

    @Benz

    Stimmt. Aber trotzdem ein sehr wendehälsischer Kommentar, da Sie sonst in Ihren Kommentaren so erpicht auf die Einhaltung nationaler Gesetze (vgl. Russland) sind, wäre aus meinem Verständnis Ihres Selbstverständnis nur recht und billig, dass schwedisches Recht seine Anwednung findet?

     

    Fernab bin ich gegen eine Kriminalisierung Assanges, da die Opfer in Schweden nur teilw. glaubwürdig sind und die Strafverfolgung primär von Staatsanwaltschaft und Politik ausgeht.

  • R
    Reisefreund

    Da ich der taz-Redaktion und den Lesern keinen Teddybären zuwerfen kann, möchte ich mit dem nachfolgenden Link zur Website von INTERPOL zumindest einen kleinen Beitrag zur Redefreiheit und Meinungsvielfalt leisten. Bitte vergleichen sie die dort von INTERPOL aufgeführten Fakten und Fotos zum Terroranschlag in der Metro von Minsk mit der "Berichterstattung" und den Kommentaren der taz zu diesem Thema und denken sie mal mal darüber noch, ob ihre Mitarbeiter Oertel und Donath wirklich für ihre Aufgaben prädestiniert sind! Nichts für ungut und viel Spaß...

    http://www.interpol.int/News-and-media/News-media-releases/2012/N20120730

  • B
    Benz

    Eine schwedische Protestaktion für die Meinungsfreiheit. Ist Schweden nicht das Land, dass die Auslieferung und Inhaftierung von Julien Assange fordert?