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Schwarzgelbe SteuersenkungUnionsländer zweifeln am Steuerpaket

Nach Sachsen-Anhalt zeigen sich auch Thüringen, Baden-Württemberg und das Saarland skeptisch. Spätestens im Bundesrat dürfte Merkels Steuerpaket komplett aufgeschnürt werden.

Hat noch nicht alle Ministerpräsidenten überzeugt: Angela Merkel diskutiert mit Peter Müller. Bild: reuters

BERLIN dpa/afp/taz | Wenigstens auf Nicolas Sarkozy kann sich Kanzlerin Angela Merkel verlassen. "Ich wurde nicht gewählt, um die Steuern zu erhöhen – es wird Steuersenkungen geben", sagte Sarkozy am Montag bei einem Empfang im Elysée-Palast. "Ich freue mich, dass Deutschland die gleiche Wahl getroffen hat." Das wolle er Merkel bei ihrem für Mittwoch geplanten Besuch in Paris auch persönlich sagen.

Den Zuspruch wird Angela Merkel gut gebrauchen können, den in Deutschland mangelt es daran. Der Koalitionsvertrag war noch nicht unterzeichnet, da meldete sich am mit dem Ministerpräsidenten Sachsen-Anhalts, Wolfgang Böhmer, der erste Kritiker aus den Unionsreihen. Die SPD-geführten Länder Bremen und Berlin waren sowieso dagegen. Berlins Finanzsenator drohte gar mit einer Verfassungsklage gegen die Steuerentwürfe.

Inzwischen meldeten sich weitere Unions-Politiker mit Bedenken: In der Welt drohte die designierte thüringische CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht, "wenn sich die Steuerpläne nachweislich negativ auf den Landeshaushalt auswirken, werden wir damit nicht einverstanden sein können".

Dass dieser Fall eintritt, ist kaum zu vermeiden. Schließlich kämen 14 der angepeilten 24 Milliarden Euro Steuerentlastung durch die große Koalition aus den Länderkassen – so jedenfalls die erste Schätzung des Berliner Finanzsenators Ulrich Nußbaum.

Auch der CDU-Finanzminister von Baden-Württemberg, Willi Stächele, äußerte sich kritisch. Er bezifferte das erwartete zusätzliche Defizit nur für sein Bundesland auf bis zu 1,7 Milliarden Euro. Er fürchte, dass die Beschlüsse "für Land und Gemeinden eine neue zusätzliche Verschuldungsspirale auslösen". Stächele wollte für die Stuttgarter CDU/FDP-Koalition auch eine Ablehnung im Bundesrat nicht ausschließen. In diesem Fall würde Schwarz-Gelb wohl im Bundesrat keine Mehrheit für die Steuerpläne zustande bekommen, die ist in Steuerfragen, die auch die Länder betreffen aber nötig.

Auch Saarlands CDU-Ministerpräsident Peter Müller warnte vor einer Überforderung der Länder. Der Finanzminister des stark verschuldeten Saarlands, Peter Jacoby (CDU), ergänzte in der Süddeutschen Zeitung: "Sollte die Umsetzung der Koalitionsbeschlüsse zu gravierenden Einnahmeausfällen auf Seite der Länder führen, stellt sich die Frage nach Nachverhandlungen in Sachen Schuldenbremse und Konsolidierungshilfe."

Damit nicht genug: Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund rechnet durch die Pläne der schwarz-gelben Koalition mit neuen Milliardenlöchern. "Nach unseren Berechnungen müssen die Städte und Gemeinden in 2010 Ausfälle von 3,6 Milliarden Euro verkraften, wenn die Pläne Wirklichkeit werden", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der Hamburger Morgenpost.

"Die Steuerausfälle nehmen uns die Luft zum Atmen. Das trifft uns hart angesichts der ohnehin katastrophalen Kommunal-Finanzen", so Landsberg. Die Städte und Gemeinden könnten ihre Aufgaben so nicht mehr finanzieren. Man gebe allein mehr als 10 Milliarden Euro pro Jahr für die Unterkunft von Hartz-IV-Empfängern aus.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte betont, die Koalition wolle den Pfad gehen, der voll auf Wachstum setze. "Der bietet keine Garantie, dass es klappt. Aber der bietet die Chance, dass es klappt. Bei Sparen, Sparen, Sparen sehe ich keine Chance, dass wir es schaffen." Doch offenbar fehlt in der CDU daran der Glaube.

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4 Kommentare

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  • F
    Freimann

    @ Dr. Ludwig Paul Häußner

    moin,

    das mit der sozialen mehrwertsteuer haben sie schon mal hier geschrieben.

    warum dann nicht richtig? eine höhere mehrwertsteuer an sich? 35, 40, oder 50% ?

    wer viel konsumiert zahlt viel. luxuswagen gekauft? 50 mille für den staat. discounter joghurt gekauft? 20 ct für den staat.

    andere steuern/abgaben/sozialbeiträge senken bzw. abschaffen.

    mit den einnahmen eine grundsicherung/bürgergeld bezahlen um die massiven preissteigerungen im alltäglichen leben auszugleichen. oder auch die bisherigen transfersysteme anpassen. dann braucht man nicht die ganzen verwaltungsleute rausschmeißen - das sieht nämlich einfach nicht gut aus.

  • DL
    Dr. Ludwig Paul Häußner

    Neue Bundessteuer erforderlich: die soziale MwSt

     

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    Die Situation der öffentlichen Kassen ist prekär weil das Teilungsverhältnis (aus der volkswirtschaftlichen Gesamtleistung) in privaten und öffentlichen Konsum nicht stimmt. In der nachindustriellen Gesellschaft Deutschlands bedarf es für die derzeitige und künftige Infrastruktur zusätzlicher Mittel.

     

    Der Bund kann im Rahmen eines föderalen Staatsaufbaus nicht zu Lasten von Ländern und Kommunen Steuersenkungen beschließen.

     

    Im Gegenteil: Zur Grundfinanzierung der Sozialkassen braucht er mehr Mittel, damit durch diese die Einkommenssituation von Rentnern, Arbeitslosen oder Beschäftigten in sozial-pflegerischen wie sozial-erzieherischen Berufen gewährleistet ist.

     

    Wir brauchen deshalb eine soziale MwSt als neuer Bundessteuer, um damit die Grundfinanzierung der Sozialkassen aus allgemeinen Steuermitteln zu gewährleisten.

     

    Unrealistisch? Keineswegs! Mit der Erhöhung der MwSt von 16 % auf 19% zum 01. 01. 2007 hat Deutschland aus Sicht Frankreichs faktisch eine soziale MwSt eingeführt, wie sie seit Jahren in unserem Nachbarland (leider noch erfolglos) diskutiert wird.

     

    Mit den Mehreinnahmen aus zwei MwSt-Prozentpunkten konnte der Beitrag zur Arbeitslosenkasse von 6,3% auf derzeit 2,8% gesenkt werden!

     

    Würde die Bundesregierung diese "heimliche" soziale MwSt als neue Bundessteuer stufenweise einführen, mit 2%, 4% und 6%, dann wäre die gesamte MwSt-Belastung bei EU-konformen 25% - und die Bundesländer blieben unbelastet.

     

    Mit diesen Mehreinnehmen von ca. 50 Milliarden Euro in der Endstufe könnten die Sozialbeiträge gesenkt werden und der Faktor ARBEIT wäre entlastet - mit positiven Effekten für den Arbeitsmarkt und die Konjunktur.

    Ich kann nur hoffen, dass Bund und Ländern sich für eine solche soziale Innovation aussprechen.

     

    Ludwig Paul Häußner, Karlsruhe

  • G
    GWalter

    Ständig haben sich die Regierungen der letzten 20 Jahre auf die Industrie verlassen, aber in Wahrheit wurden sie verlassen.

    Es war nur eine Masche der Industrie der Regierung Geld zu entlocken ohne jedoch dafür dem Staat und die Gemeinschaft eine Gegenleistung zu geben.

    Anscheinend ist das diesen vergangenen Regierungen überhaupt nicht aufgefallen, oder alles waren nur Fensterreden für das dumme Volk!?

     

    So wurde das Geld immer weiter von unten nach oben verteilt und nun stehen die Mehrzahl der Bürger als Zahler dieser Zeche!

     

    Dies muß aufhören und es darf an die Unternehmen nur noch Steuervergünstigungen fließen, wenn die Schaffung von Arbeitsplätzen nachgewiesen wird; zur Verlagerung von Arbeitsplätzen (wie es jetzt geschieht)

    muß eine Strafsteuer eingführt werden.

     

    -Die Unternehmensteuern müssen wieder drastisch erhöht werden und durch das neue Prinzip des Nachweises ersetzt werden!

     

    -Auch sollte man einmal Bonn als 2. Sitz der Regierung vollkommen streichen, alle Beamten müssen nach Berlin!

     

    -Die Kranken und Rentenversicherung sollte in eine Bürgerversicherung umgestaltet werden, in den wie in der Schweiz "ALLE" einbezahlen müssen.

     

     

    -Viele kleine Bundesländer müssen zusammengelegt werden, dann spart man an vielen unnötigen Parlamenten und Politkern, sowie Beamten und Behörden.

     

    Es ist zu befürchten, dass die kommende Politik noch weiter in die neoliberale Ecke abdriftet und damit ungeahnte Folgen für die Bürger und unser Land bringt.

  • M
    Martin

    Das ist doch alles abgesprochen. Natürlich werden die Entlastungen dann plötzlich doch scheitern an ein paar Ländern. Alles Show, damit Seehofer und Westerwelle ihr Gesicht wahren können. Das ist die Hauptsache, Deutschland kommt an zweiter Stelle.