Schwarzer Tag für Union Berlin: Spielabbruch nach Randale
Der 1. FC Union Berlin, der großen Wert auf eine besondere Fanpolitik legt, erlebt ein Chaos-Testspiel. Jetzt soll alles getan werden, um die Randalierer zu bestrafen.
Wieder haben Fußball-Chaoten für Randale und sogar für einen Spielabbruch gesorgt. Fußball-Zweitligist 1. FC Union Berlin musste am Samstag beim Testspiel bei Djurgardens IF in Stockholm miterleben, "wie Dummheit sehr vielen Menschen ein langersehntes Erlebnis zerstört hat", beklagte Clubpräsident Dirk Zingler. Auch mitgereiste deutsche Polizisten konnten die sogenannten Fans nicht stoppen.
Die Partie war in der 73. Minute beim Stand von 1:1 abgebrochen worden, weil Anhänger beider Clubs wiederholt Pyrotechnik gezündet hatten und auf den Rasen gelaufen waren. Schon vor dem Anpfiff hatte ein Teil der gut 1000 mitgereisten Union-Anhänger den Platz gestürmt, nachdem im Block der Djurgardens-Fans ein Transparent des Berliner Erzrivalen BFC Dynamo gezeigt worden war. Daraufhin rannten Stockholm-Fans auf das Spielfeld, zündeten Böller. Nur das besonnene Verhalten der schwedischen Polizei verhinderte eine Eskalation.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD), der Vorsitzende der Innenministerkonferenz will bundesweit vor allem "die 500 bis 700 Rädelsführer der Krawalle ins Visier nehmen". Er habe bereits eine Arbeitsgruppe der Innenministerkonferenz damit betraut. "Wir müssen an die Strippenzieher ran, die Massenschlägereien wie jüngst in Köln koordinieren, initiieren und steuern. Nur so können wir die Szene befrieden", erklärte Jäger nach der Massenschlägerei in Köln vor einer Woche der "Welt am Sonntag".
"Wir brauchen konkrete Straftäter, um eigene Maßnahmen einzuleiten. Ermittlungen kann aber nur die Polizei führen", sagte Union-Pressesprecher Christian Arbeit. "Es gibt keine Erkenntnisse über Verletzte und Verhaftungen", ergänzte er.
Jäger sprach sich dafür aus, bundesweit vorhandene Daten über Straftäter beim Fußball besser zu nutzen. "Unser Ziel ist es, laufende Verfahren gegen diese Rädelsführer zu bündeln." Alle Informationen über einen Intensivtäter müssten an einer Stelle gesammelt werden. "So erkennen wir seine Straftaten und können sie konsequent verfolgen. Und dann können wir die Gewalttäter dauerhaft vom Fußballgeschehen fernhalten." Auch über ein Verbot von Gewalt suchenden Schlägergruppen müsse nachgedacht werden.
Schalke 04 hat nach der Randale beim Revierderby gegen Borussia Dortmund am 26. Oktober 2013 weiter durchgegriffen. Nachdem 498 Haus- und Geländeverbote gegen BVB-Anhänger verhängt worden waren, bestrafte der Club nun auch Schalke-Fans. "Insgesamt 16 Personen wurden in dieser Woche wegen Vergehen im Zusammenhang mit diesem Spiel bereits mit Stadionverbot belegt oder deswegen angehört", sagte Volker Fürderer, Direktor bei Schalke 04 für Fanbelange, Mitglieder und Sicherheit, dem Online-Portal von "RevierSport".
Der Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga, Andreas Rettig, sprach sich in einem Interview des "Kölner Stadt-Anzeiger" (Samstag) für eine Fortführung des Dialogs mit den Fußball-Fans aus. Exzesse wie die Prügelei in der Kölner Innenstadt dürften nicht dazu führen, dass der Dialog eingestellt wird. "Der Irrsinn dieser Kriminellen darf nicht dazu führen, den Weg der Kommunikation und Verständigung mit den Friedfertigen zu unterbrechen."
"Es ist eine Katastrophe für den Fußball in Schweden, Deutschland und Europa", kommentierte Djurgardens-Sportdirektor Bosse Andersson die Ausschreitungen in Stockholm. Minutenlang beschossen sich Chaoten aus dem Union- und Djurgardens-Lager mit Leuchtraketen. Fackeln gefährdeten die Spieler auf dem Feld und die friedlichen der 8000 Zuschauer.
Der Imageschaden ist groß, auch weil sich die "Eisernen" seit Jahren für einen Entspannungs-Kurs in der Fanpolitik stark machen. So lehnte Union das DFL-Sicherheitspapier ab, in dem unter anderem schärfere Maßnahmen und Sanktionen für Randalierer festgeschrieben wurden. Jeder Beteiligte müsse sich bewusst sein, "dass er seinem Verein großen Schaden zugefügt hat", betonte Clubchef Zingler. (dpa)
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!