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Schwarzer Peter an die Hafenstraße

■ Nach langen Diskussionen macht der Hamburger Senat der Hafenstraße ein Vertragsangebot / Sechswochenfrist zur Annahme gesetzt / Anwälte: „Knebelungsvertrag“ zu einzelnen Klauseln

Aus Hamburg Axel Kintzinger

Hamburgs Erster Bürgermeister Klaus von Dohnanyi (SPD) hat sich mit seiner Verhandlungslösung für die friedliche Lösung des Problems Hafenstraße im Senat durchgesetzt. Der gestern beschlossene Vertragsentwurf für die Bewohner der ehemals besetzten Häuserzeile sieht eine Übernahme der Häuser durch einen Verein vor, in dem von sieben Mitgliedern drei vom Senat bestellt werden. Nachdem Dohnanyis sogenannte große Vertragslösung, wonach alle acht Häuser an den Verein, der sie an die jetzigen Bewohner vermieten soll, in seiner eigenen Bürgerschaftsfraktion gescheitert war, setzte sich die wiedereinberufene sozialliberale Verhandlungsrunde für Dohnanyis Vorschlg ein. Während der gestrigen Senatssondersitzung stimmten dennoch die SPD–Senatoren Wagner, Maring und Kiausch gegen ihren Regierungschef. Sie verlangten, zwei als Sechserhäuser bezeichnete Bauten, in denen sich ihrer Meinung nach angebliche RAF–Sympathisanten eingerichtet haben, aus dem Vertrag herauszunehmen und zu räumen. Die Instandsetzung der reichlich heruntergekommenen Altbauten soll laut Vertrag aus den Mieteinnahmen der Bewohner bezahlt werden, die sich nach der Renovierung am Hamburger Mietenspiegel orientieren würden. Dem Plenum der Hafenstraße räumte der Bürgermeister eine Frist von sechs Wochen ein, in denen es sich entscheiden müsse. Bedingungen für die Ratifizierung des Vertrages seien rechtsstaatliches Verhalten der Bewohner und der Abbau von Befestigungen, die in den letzten Wochen gegen eine mögliche Räumung errichtet wurden. In dem Vertragsentwurf sind einige Klauseln, die, so ein Anwalt, „von keinem normalen Mieter unterschrieben“ würden. Etwa solche, wonach die Straftat eines einzelnen ausreiche, sämtlichen Bewohnern seines Hauses zu kündigen. Oder auch, daß Pflichtversäumnisse, wie etwa eine korrekte Gehwegreinigung, ebenfalls mit Kündigung geahndet werden können. Ein im Mietrecht erfahrener Anwalt urteilt: „Ein Knebelungsvertrag“.

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