piwik no script img

Schwarze Splitter im Osten

In zwei Ostbezirken hat die PDS nun eine absolute Mehrheit. Die CDU wurde hier fast zur Splitterpartei degradiert. Machtwechsel in Mitte. FDP überall drin. SED und Reps bleiben draußen

von HEIKE KLEFFNER

Die WählerInnen haben die Karten neu gemischt – auch in den Bezirken. Die CDU musste auch hier Verluste von bis zu 15 Prozent hinnehmen. Vor allem im Osten: In Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Treptow-Köpenick und Pankow sind die Christdemokraten auf eine „10 plus x“-Partei geschrumpft. Hier herrschen wieder sozialistische Verhältnisse mit absoluten Mehrheiten für die PDS in Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf.

Zu den Gewinnern gehört auch die FDP. Statt wie bisher in zwei ist sie nun in allen zwölf Bezirken vertreten. In Steglitz-Zehlendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf steht den Liberalen sogar je ein Stadtratsposten zu. Mancherorts werden sie das Zünglein an der Waage spielen können. So hat die CDU in ihrer Hochburg Reinickendorf zwar 10,9 Prozent und ihre absolute Mehrheit verloren. Trotzdem bleibt sie stärkste Partei. Und mit den Stimmen von Grünen und BVV-Neuling PDS allein wird der SPD der Sturz von CDU-Bürgermeisterin Marlies Wanjura nicht gelingen. Doch die FDP ziert sich. „Wegen der PDS“, so ihre Bezirksvorsitzende Carin Hollube. Entsprechend wenig Hoffnungen auf einen Machtwechsel macht sich deshalb SPD-Stadtrat Peter Senftleben. „Nach den Gesprächen vor der Wahl sind wir abwartend und nicht sehr hoffnungsfroh“, so Senftleben.

In anderen Bezirken hat die SPD zwar erheblich gewonnen, doch scheint es etwa in Schöneberg-Tempelhof, wo die CDU nur noch ganz knapp vor der SPD liegt, nicht unbedingt ausgemacht, dass die SPD tatsächlich einen Kurswechsel will. Hier haben SPD-Stadtrat Ekkehard Band, der starke Mann der Sozialdemokraten, und Bürgermeister Dieter Hapel (CDU) bislang relativ eng zusammengearbeitet. Sehr zum Ärger der Grünen, vor allem ihrer Gesundheitsstadträtin Elisabeth Ziemer. „Alle Entscheidungen von Ekkehard Band waren intransparent“, sagt Ziemer. „Diese Politik der Sozialdemokraten muss sich ändern, sonst enttäuscht man die Leute, die eine rot-grüne Mehrheit im Bezirk gewählt haben.“ Bei der SPD hält man sich über den zukünftigen Kurs noch bedeckt. Fest steht lediglich, dass Band Bürgermeister werden soll.

Auch in Mitte wurden die Verhältnisse auf den Kopf gestellt. Hier löst die SPD die Christdemokraten an der Spitze ab. Damit darf die SPD zwar ihren jetzigen Fraktionschef Christian Hanke als Bürgermeisterkandidaten vorschlagen, der Amtsinhaber Joachim Zeller (CDU) ablösen soll. Doch mit welcher Mehrheit – SPD und PDS gemeinsam hätten 29 der 55 BVV-Sitze, eine Ampelkoalition käme auf 31 Sitze – der Bezirk regiert wird, wird sich nach Ansicht des SPD-Kreisvorsitzenden Ralf Wieland erst im Laufe der Woche klären.

Ähnliche Fragestellungen ergeben sich auch in Neukölln, wo die CDU ihre absolute Mehrheit ebenfalls eingebüßt hat und in der Wählergunst nur noch 0,6 Prozent vor den Sozialdemokraten rangiert. In Friedrichshain-Kreuzberg soll dagegen alles beim Alten bleiben. Jedenfalls wenn es nach der amtierenden Bürgermeisterin Bärbel Grygier (PDS) geht. „Ich gehe davon aus, dass das Dreierbündnis von SPD, Grünen und PDS auch die nächsten vier Jahre den Bezirk regieren wird“, so Grygier zur taz. „Schließlich haben alle drei Parteien dazugewonnen.“ In dem ärmsten Bezirk Berlins ist die PDS mit 29,2 Prozent die stärkste Partei geblieben. Die CDU kommt dagegen nur noch auf 13,1 Prozent. Bei den Grünen hält man sich etwas bedeckter. Deren Stadtrat Frank Schulz sieht in Sachen Integration von Migranten und im Bereich der Projekteförderung jedenfalls mehr Gemeinsamkeiten mit den Sozialdemokraten als mit der PDS. Rein rechnerisch hätten Grüne und SPD auch ohne PDS eine Mehrheit. Verlockend genug, um über neue Konstellationen nachzudenken. Nur eins ist sicher: Die BVV-Sitzungen werden langweiliger. Die Spaßpolitiker der KPD/RZ-Nachfolgepartei SED scheiterten an der Dreiprozenthürde.

Auch die Rechten fielen auf die Nase. Die „Republikaner“ müssen überall draußen bleiben. 1999 waren sie in 5 der damals noch 23 Parlamente gezogen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen