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Schwarz-Gelbe GesundheitspolitikRückkehr zum höheren Kassenbeitrag

Kompromissergebnis von Schwarz Gelb - Der Beitragssatz für die gesetzlichen Krankenkassen soll auf 15,5 Prozent steigen. Getragen je zur Hälfte von Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Wenn ein Euro nur ausreichen würde. Bild: dpa

BERLIN apn/dpa/taz Die Koalition erwägt, die Krankenkassenbeiträge um 0,6 Prozentpunke auf 15,5 Prozent anzuheben. Das sagte CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich am Freitag in Berlin. Er deutete an, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Erhöhung je zur Hälfte tragen könnten. Derzeit zahlen die Arbeitgeber 7,0 Prozent und die Arbeitnehmer 7,9 Prozent - in Zukunft könnten es dann 7,3 beziehungsweise 8,2 Prozent sein.

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer sagte gleichzeitig: "Wir sind alle einer Lösung sehr sehr nahe. Vor der parlamentarischen Sommerpause soll das Thema Gesundheit abgeschlossen sein." Für Dienstag habe sich die Koalition eine abschließende Sitzung vorgenommen. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte, die Fachpolitiker würden sich kommende Woche noch einmal treffen. Dann werde die Regierung ein Eckpunkte-Papier vorlegen.

Am Morgen hatten die Spitzen von CDU, CSU und FDP im Kanzleramt drei Stunden lang nach einem Kompromiss gesucht. Beraten worden sein soll auch über ein Kompromissmodell der CDU. Es sieht nach einer Meldung der Frankfurter Rundschau vor, die Zusatzbeiträge zu erhöhen und nach dem Einkommen der Versicherten zu staffeln.

Gleichzeitig berichtete das Handelsblatt, das Finanzloch des Gesundheitsfonds betrage 2011 nur 3,4 Milliarden Euro statt 11 Milliarden, wie Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) bislang annimmt. Ein Sprecher Röslers bezeichnete die Berechnung allerdings als "Humbug". Das Defizit werde "bis zu 11 Milliarden Euro" betragen.

Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach lehnte höhere Zusatzbeiträge ab. Sie belasteten nicht die Spitzenverdiener, sondern vor allem die mittleren Einkommen bis 3.000 Euro, sagte er im Deutschlandradio Kultur. Er schlug vor, die Privatversicherten stärker in die Pflicht zu nehmen. Der Gesundheitsfonds könne genutzt werden, um einen Solidarausgleich zwischen gesetzlich und privat Versicherten zu schaffen. Zudem sollten bei der Finanzierung nicht nur Lohn und Gehalt, sondern auch andere Einkommensarten berücksichtigt werden.

Ende 2008 hatte die Bundesregierung den einheitlichen Beitragssatz für 2009 auf 15,5 Prozent festgelegt. Im Rahmen des Konjunkturpaktes II wurde er aber zum 1. Juli 2009 auf 14,9 Prozent gesenkt. In Deutschland sind rund 90 Prozent der Bevölkerung in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert, der Rest ist in Privatkassen.

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7 Kommentare

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  • US
    Uto Spatz

    Was für ein Land, was für eine Demokratie!

    gemessen an der Gesamtbevölkerung bestimmt eine Promillepartei wie Rentner verhungern dürfen!

    In den verflossenen 20 Jahren haben 1,3 millionen gut gebildete Bürger fluchtartig diese sogenannte Demokratie verlassen. Die hatten wohl von sogenannten Volksparteien die Schnauze gestrichen voll!

  • EW
    Eva Willig

    Ich bin ein Glatteisopfer, an einer von der BSR nicht geräumten Fußgänger-Ampel- Überquerung, rutschte ich am 4.2.10 auf Glatteis aus, fiel und brach mir den Oberarm und hatte ein ausgekugeltes Schultergelenk. Nach 28 Jahren – ohne Krankenhausaufenthalt, musste ich 6 Tage in einer Klinik verbringen. Ich bin noch heute in Physiotherapie und mein Physiotherapeut wunderte sich, dass in der Klinik keine physiotherapeutische Behandlung erfolgte. Daraufhin habe ich meine Krankenkasse darüber informiert und sie gebeten, zu überprüfen, dass sie nichts bezahlt, was ich nicht bekommen habe. Darauf erklärte man mir, dass pauschal abgerechnet wird. Konsequent weitergedacht heißt das, die Klinik bekommt für „sauber und satt“ Pflege, genauso viel, wie für am Patienten orientierte, zur Heilung führenden Pflege. So kann Profit maximiert werden.

    Wenn wirklich im kranken Gesundheitswesen gespart werden soll, könnte damit begonnen werden, dass Kliniken jede Leistung abrechnen müssen und der Patient dies gegenzeichnen muss.

    Weg mit den Pauschalen – hin zu menschenwürdiger Pflege.

  • S
    Schneider

    Irgendwie müssen die Kosten von dem Eintages-Ausflug der Kanzlerin Merkel nach Südafrika wieder eingespielt werden...

     

     

    Statt zu reformieren, fällt den Regierenden immer wieder nur die Erhöhung von Ausgaben ein.

     

    Rössler sollte zurücktreten; er hat seine Aufgaben nicht erfüllt.

  • FG
    Friedrich Grimm

    Einfallslos

    Mittlerweile weiß ja auch der Dümmste, dass mit der Belastung der Werktätigen, über die Sozialabgaben, Schaden an allen Ecken und Enden entsteht. Normal- und Geringverdiener verlieren weiter an Kaufkraft, Arbeitgeber werden weniger Menschen einstellen, im schlimmsten Fall welche entlassen. Diese "wirtschaftskompetenten" Nichtskönner der schwarz/gelben Regierung sollten endlich einmal dazu kommen, ihre heiligen Kühe zuschlachten. Die da heißen: Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer und Steuerspitzensatz, um nur ein paar davon zu nennen. Diese Regierung muss endlich aufhören eine Politik zu betreiben, die lediglich ca. 10 % der Gesamtbevölkerung betrifft, also aufhören mit dieser unsäglichen Klientelpolitik.

  • DL
    Dr. Ludwig Paul Häußner

    Merkel wird sich untreu

     

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    2005 zog Angela Merkel in den Wahlkampf mit der Ankündigung die MwSt um 2 Prozentpunkte zu erhöhen, um damit die Sozialversicherungsbeiträge senken zu können.

     

    Mit Hilfe der SPD wurden dann - in der schwarz-roten Koaliton - daraus sogar 3 Prozentpunkte: die MwSt wurde zum 01. 01. 2007 von 16% auf 19% erhöht.

     

    Ganz ungewollt wurde dadurch sogar die Konjunktur impulsiert.

     

    In Frankreich wurde dieses Vorhaben als SOZIALE MwSt bezeichnet.

     

    Die EU lässt derzeit sogar einen MwSt-Höchstsatz von 25% zu. Schwarz-gelb hätte also noch Luft.

     

    Eine höhere MwSt wäre auch eine indirekte Reichensteuer, weil sie auch - im volkswirtschaftlichen Kreislauf gedacht - die Einkommen aus Zinsen und Dividenden besteuert: eben beim Ausgeben.

     

    Leider will dies die FDP nicht kapieren, obwohl sie die Steuerreform als "Mutter aller Reformen" bezeichnet.

     

    Angela Merkel sollte daher wieder mutig werden und eine SOZIALE MwSt als reine Bundessteuer einführen, zur Grundfinanzierung der Sozialkassen. Letztlich wäre dies auch eine positive Kopfpauschale in Form einer wirkliche Gesundheitsprämie.

  • KH
    Karin Haertel

    Hoehre Beitraege fuer schlechte medizinische Qualitaet kann kaum die Losung sein. Und wie man nun hoert,hat sich Herr Roesler bezueglich des angeblichen Defizites in 2011 auch noch verrechnet. Statt der angeblichen 11 Milliarden sind es "nur noch" 3,4 Milliaden und die sollte man doch anderweitg herholen koennen. Ansaetze dafue gab es bereits bei den Arzneimittelpreisen. Und wer auf Medikamente Mehrwertsteuer nimmt, der hat doch nun wirklich absolut nichts im Sinn mit dem Wohl und der Gesundheit von immrhin 90% der Bevoelkerung.

  • V
    vic

    Vor der ersten "Reform" habe ich bei meiner GKK 13,7 % bezahlt, und damals ging´s dieser Kasse noch richtig gut.

    Zudem war ich über das Hausarztmodell von der Praxisgebühr befreit.

    Doch dann...dann kam die Reform, dann die Reform der Reform, und jetzt Reform Step III.

    Bravo, Schwarz-Gelb.