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Schwarz-Gelb und EnergiepolitikProteste abgeräumt

Die Proteste gegen die schwarz-gelbe Energiepolitik werden heftiger: Atomkraft-Gegner ließen sich am Sonntagmorgen zu einer Sitzblockade nieder. Sie sagen: Das ist nur ein Vorgeschmack.

Sonntag morgen, halb zehn, vor irgendeiner Landesvertretung: Proteste abgeräumt. Bild: reuters

BERLIN ap/dpa/taz | Die Proteste der Atomkraftgegner gegen die Pläne der künftigen schwarz-gelben Koalition werden heftiger. Rund 30 Demonstranten setzten sich am Sonntag vor der nordrhein-westfälischen Landesvertretung in Berlin, dem Tagungsort der Spitzen von Union und FDP, auf den Boden und blockierten die Straße. Dabei riefen sie laut: "Abschalten! Abschalten!" Laute Rufe nach "Ausschalten" begleiteten auch danach das Eintreffen der Politiker.

Die Atomkraftgegner wurden von der Polizei auf den Gehweg getragen. Union und FDP hatten sich am Samstag grundsätzlich auf den Kurs in der Energiepolitik geeinigt. Sie wollen die Betriebsdauern von Atommeilern verlängern, wogegen sich die Aktivisten wenden.

Die Atomkraftgegner sprachen von einer "Aktion des Zivilen Ungehorsams". Luise Neumann-Cosel, Sprecherin der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt: "Die heutige Aktion und ihre polizeiliche Räumung hat nur einen Vorgeschmack geliefert" und spielt auf mögliche Konflikte in der Zukunft an, zum Beispiel um das geplante Endlager in Gorleben.

Dass die Koalitionäre am Sonntag "zu konfliktscheu" waren, über die Sitzblockade zu steigen und diese anstelle dessen durch die Polizei räumen ließ, sei bezeichnend, so Neumann-Cosel: "Schon vor Regierungsantritt tragen die künftigen Koalitionäre den von ihnen initiierten Atomkonflikt mit Polizeihilfe aus."

Auch Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin hat massiven Widerstand gegen die Atompolitik einer schwarz-gelben Regierung angekündigt. Mit einer Laufzeitverlängerung für die deutschen Kernkraftwerke werde das Stromnetz "mit Grundlaststrom verstopft". Da gleichzeitig auch noch neue Kohlekraftwerke gebaut werden sollten und die alten weiterliefen, werde der Ausbau der erneuerbaren Energien erschwert, sagte Trittin dem Berliner "Tagesspiegel". "Wir werden dabei sein, wenn demonstriert wird."

Demonstrieren würden dann nicht nur Atomkraftgegner, sondern "auch die Beschäftigten im erneuerbaren Energien-Sektor und die Gewerkschaften". Es gehe um die Umsätze und die Arbeitsplätze einer ganzen Branche, sagte Trittin. "Wir reden von 280 000 Arbeitsplätzen und einem Potenzial von fast noch einmal so vielen, das nun nicht ausgeschöpft werden kann."

Unterdes wandte sich Deutsche Umwelthilfe gegen "die Mär" von Kostensteigerungen durch Erneuerbare Energien. Umwelthilfe-Sprecher Rainer Baake beklagte, dass in der öffentlichen Debatte zum wiederholten Mal "volkswirtschaftlich oder direkt beim Stromkunden Kosten senkende Effekte des Ausbaus der Erneuerbaren Energien in Milliardenhöhe unterschlagen werden".

Der wachsende Anteil Erneuerbarer Energien an der Strombörse führe ingesamt sogar insgesamt zu einer Senkung der Preise, weil die am teuersten produzierenden konventionellen Kraftwerke nicht mehr oder seltener hochgefahren werden müssen.

Dieser so genannte "Merit-Order-Effekt" belief sich nach wissenschaftlichen Untersuchungen 2006 auf etwa drei bis fünf Milliarden Euro, für 2007 und 2008 ergäben Schätzungen einen Preissenkungseffekt von drei bis etwas mehr als vier Milliarden Euro. Das allein entspricht etwa der Hälfte der für 2010 errechneten Mehrkosten durch Erneuerbare Energien von 8,2 Milliarden Euro.

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1 Kommentar

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  • K
    K.-D.T.

    Man musste kein Prophet sein um es zu sehen, oder haben zu viele Leute DIE WAHRHEIT vom 26/27 September zu Wörtlich genommen und sind stark angetrunken unter missbrauch von Eierlikör zur Wahl gegangen jetzt haben wir den Salat und die Industrielobby ihre Leute an der Macht. da freuen sich RWE, Vattenfall und Konsorten sie können fette Gewinne machen und der Steuerzahler zahlt Abtransport und Entsorgung.