piwik no script img

Schutz persönlicher DatenWer traut der Cloud?

Cloud Computing könnte das Netz revolutionieren. Aber um wirklich erfolgreich zu werden, fehlen die Voraussetzungen: es mangelt an Cloudvertrauen – zu Recht.

Undurchsichtige Sache: Wer schaut in deine Cloud? Bild: dpa

Das Szenario ist leicht erstellt: Wir reisen in die USA und von der Grenzkontrollbehörde werden wir zu Dokumenten befragt, die wir neulich auf unserem Rechner verfasst oder gespeichert haben. Fiktion? Wirklichkeit? Derzeit eher noch ersteres. Aber es scheint zu denkbar, um es einfach als Nonsens abzutun.

Alle reden von der Cloud. Die Cloud, das ist die Wolke. Gemeint ist, wenn von Cloud Computing gesprochen wird, meist, dass wir etwas nicht lokal auf unserem Rechner oder auf einem speziell von uns betriebenen Server im Internet vorhalten oder nutzen. Sondern dass riesige Rechenzentren flexibel nach Kundenbedürfnissen Daten speichern und Anwendungen ausführen, für die unsere Endgeräte nur noch die Benutzeroberfläche darstellen.

Glaubt man den Vertretern großer Softwarefirmen, ist dieses Modell die Zukunft des Computerwesens. Alles jederzeit entfernt verfügbar, alles jederzeit von einem beliebigen Ort aus nutzbar – und wir müssen uns um fast nichts mehr selber kümmern. Das spart Strom, Kosten und Nerven, wird uns versichert.

Das Netz hat die Entkoppelung von Inhalten und Programmen vom Endgerät möglich gemacht. Wir können heute Dokumente online erstellen und speichern, unsere komplette Festplatte auf den Rechnern großer Internetkonzerne parken oder gleich ganz auf reine Onlineservices ausweichen, bei denen wir uns die Programmpflege und den Platz auf unseren Computern und mobilen Endgeräten sparen. Bei mancher Software weiß eigentlich heute schon keiner mehr, was hier am Rechner und was dort im Netz – also in der sprichwörtlichen Cloud – gelagert ist.

Klingt bescheuert, hat aber einen ernsten Hintergrund

Nun könnte man das alles als paranoide Spinnerei abtun: wer interessiert sich denn schon für meine Daten? Doch wer die Debatte um Cloud Computing und den Schutz vor Zugriffen Dritter verfolgt, bekommt schnell das Gefühl, dass er mit seiner Skepsis nicht alleine ist. Die Deutsche Telekom bietet – nicht zuletzt für die deutschen Behörden – eine „deutsche Cloud“ an. Was bescheuert klingt, hat einen ernsten Hintergrund: nur was auf Rechnern in der Bundesrepublik liegt, lässt sich dem Zugriff neugieriger Dritter halbwegs gesichert entziehen.

Microsoft, so wird berichtet, habe lange Zeit damit werben wollen, dass es getrennte Angebote macht: für Europa und für die USA. Bis die Hausjuristen, so die Legende, herausgefunden haben sollen, dass es bei einer US-Firma auch die Töchter im Ausland den Zugangsvorschriften für staatliche Schnüffler unterliegen.

Der Streit um den Zugriff auf in der Cloud gelagerte Daten ist ein Stellvertreterdisput: wer darf eigentlich im Netz worüber regieren? Können US-Behörden dank Gesetzen wie „Patriot Act“ und „FISAAA“ zum Wolkengucken ermächtigt sein, auch wenn es Daten fremder Bürger sind? Die im Regelfall nicht einmal den gleichen Rechtsschutz genießen wie die einheimischen? Und wie wird das erst, wenn künftig vermehrt indische oder gar chinesische Anbieter eine Rolle spielen?

Initiativen für besseren Datenschutz

Derzeit versucht die Europäische Union, die Standards für den Schutz personenbezogener Daten europaweit zu vereinheitlichen und dabei auch gleich die Hürden für den Transfer ins und den Zugriff durch Behörden aus dem Ausland zu regulieren. Selten haben sich die zuständigen US-Ministerialvertreter so oft in Brüssel und Berlin zu Datenschutzthemen blicken lassen, wie in den vergangenen sechs Monaten. Ist das ein Zufall?

Liegt es nur daran, dass selbst in den USA inzwischen Bundesinitiativen für einen besseren Datenschutz – unter anderem mit direkter Unterstützung des Weißen Hauses – existieren? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Der Chefjurist des US-Handelsministeriums sagte im Februar bei einem Pressegespräch in der Berliner Botschaft: „Der Patriot Act ist weitgehend ein Monster unter dem Bett.“ Da schläft man doch gleich viel ruhiger. Und schiebt vorher noch ein paar Daten in die Cloud.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • MK
    Michael Kruse

    We need the sun, not the cloud!

     

    Es ist doch völlig gleichgültig ob ein Staat "legal" oder ein anderer (Betreiber?) "illegal" Zugriff auf meine Daten in der Cloud hat.

     

    Wenn ich meine Daten "irgendwo" in der Welt abspeichere kann sie irgendjemand lesen.

     

    Und genau das möchte ich nicht!

  • S
    shenanigans

    Oha, was ein Spaß, jetzt darf wieder fleißig reguliert werden. Zunächst einmal die Frage: Warum sollte ich einer "deutschen Cloud" der Terrorkom mehr trauen als einer Cloud, die z.B. auf US-Servern liegt? Ist den deutschen Behörden und unseren Regierungen (egal ob schwarz, rot, dunkelrot oder grüne-volkserzieher) etwa mehr zu trauen als den amerikanischen? Ich bezweifel das zutiefst.

     

    Das 'die Cloud' jedoch die Zukunft sein wird, ist trotz fallender (Flash-)Speicherpreise natürlich abzusehen, dafür braucht's keinen Steve Jobs oder Bill Gates. Ist ja auch praktisch! Ich logge mich im USA-Urlaub über WiFi ein, lade meine Urlaubsfotos von meiner Kamera hoch, und kann somit den Speicherplatz meiner Kamera entlasten und gleichzeitig überall, weltweit, auf die Fotos zugreifen und mit anderen teilen.

     

    Ich selbst nutze Cloud-Services wie google Drive oder Dropbox genau für solche Sachen, oder für Dokumente die nicht kritisch sind. Und genau darum geht es doch: Daten werden wahrscheinlich niemals auf einem fremden Server, in fremden Händen 100% sicher sein. Wie denn auch, wenn Server unter Einfluss von lokaler Politik und (Profitorientierten-)Unternehmen stehen?

     

    Wer das will sollte sich ein NAS-System aufbauen. Ist weder teuer noch kompliziert. Die Daten sind weltweit abrufbar, und lagern gleichzeitig sicher auf Festplatte(n) zuhause.

  • TE
    Thomas Ebert

    Wer seine Urlaubsfotos in die "Cloud" schiebt, hat sicher nichts zu befürchten. Wer seine Firmendaten in die "Cloud" lädt, handelt fahrlässig. Wer auch seine Entwicklungsabteilung in der Wolke spielen lässt, ruiniert sein Unternehmen mit Vorsatz!

    Um die Missachtung fremden geistigen Eigentums durch staatliche Stellen der USA zu erkennen, bitte "Der Fall Kenetech Windpower Inc." lesen. Industriespionage und Sabotage sind normale Mittel um die Vormachtstellung der USA zu sichern.

    Also, nichts in die "Cloud", was Geheimdienste oder Wettbewerber nicht wissen sollen!

  • A
    Amateur-Nerd

    Es gibt mittlerweile freie Software (open source), die ähnliche Funktionen bietet, wie die bekannten "kommerziellen" bzw werbefinanzierten Produkte von google & Co. Beispielsweise: owncloud

    Wer seine Daten bei fremden Anbietern für nicht privat genug hält, sollte sich dort umsehen.

  • PP
    Peter Pan

    Meine Daten gehören mir!

    Dieser Satz sollte zum Slogan für JEDEN User werden.

    Die blöde und naive Aussage: „Ich habe nichts zu verbergen!“ und sich der Wolke anzuvertrauen ist schwachsinnig: Was ist mit der PIN – Nummer für die Konto – Karte? Was ist mit sensiblen Daten wie zum Beispiel Bewertungen von Mitarbeitern? Wie sieht es mit den Daten von Entwicklungsbüros aus?

    Herr Steve Jobs hat in seiner Biografie deutlich gemacht, wo die Reise hingehen soll. Bill Gates wird wohl ähnlich denken. Es ist JEDEM anzuraten, vertrauliche Daten auf ein Externes Medium zu speichern und dieses unter Verschluss zu halten. Und vom Systemlaufwerk vernünftig zu löschen. – Der Papierkorb reicht dafür allerdings nicht!

  • T
    Telemachos

    Wer samstagabends brav zuhause vor dem Fernseher oder der Spielekonsole sitzt, CDU, SPD oder Grüne wählt und auch sonst nichts zu verbergen hat, der muss sich überhaupt keine Sorgen machen.

     

    Der darf der Cloud voll und ganz vertrauen. Dasselbe gilt auch für die angebliche "Verschlüsselung" der Cloud-Anbieter, die nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland von Gesetzes wegen Zweitschlüssel für die Behörden bereitzustellen hat.

  • C
    Cloud-Versteher

    Ihre Angaben sind falsch, als wie auch nichtssagend. Die Angelegenheit ist viel komplexer als wie ihr Artikel aufzeigen will. Die Telekom Cloud ist nicht sicherer als wie vergleichbar Produkte. Da jederzeit die exekutive in der BRD auch auf diese Daten zugreifen kann. Und die Daten dort unverschlüsselt gepeichert werden.